Montag, 19. Mai 2014

Fall 33: Das verletzte Kind mit Borderline Syndrom

Sie vermuten auf eine Patientin mit selbstverletzendem Verhalten (Borderline Syndrom)


Definition:
Die Krankheit Borderline-Störung ist eine Persönlichkeitsstörung. Man nimmt an, daß belastende Ereignisse gepaart mit einer ungünstigen Veranlagung dazu führen können, dass sich eine negative Entwicklung der Persönlichkeit bildet. Im Falle von Borderline leidet der Patient neben seiner Umwelt auch an sich selbst. Die Entstehung ist multifaktoriell. So werden Faktoren anerkannt, die das genetisch bedingte Temperament betreffen,  Umweltfaktoren, z.B. Erfahrungen und Traumata, sowie neurologische oder biochemische Störungen.

Merkmale:
Die für eine Borderline-Störung typischen Verhaltensweisen mit selbstgefährdendem Verhalten bilden sich schon in der Kindheit heraus. Leider wird eine Diagnose der Borderline-Störung meist erst im Jugendalter durchgeführt, da im Kindesalter auch "normale" Entwicklungsstadien ein ähnliches Bild wie eine Borderline-Störung hervorrufen können.

Verlauf:
Der Verlauf der Borderline-Störungen ist meist chronisch: Der Patient ist anhaltend instabil, zudem kommt es immer wieder zu Phasen des emotionellen Kontrollverlustes.
Im fortgeschrittenen Alter nimmt die Borderline-Störung meist ab, viele der Betroffenen sind ab dem 3. oder 4. Lebensjahrzehnt meist so stabil, daß die Störung nach außen hin kaum noch wahrgenommen wird. Dies erleichtert besonders das Familienleben und soziale Kontakte wie zum Beispiel am Arbeitsplatz.

Chirurgische Bedeutung:
Aus chirurgischer Sicht sehen wir besonders häufig artefiziell beigebrachte Verletzungen. Diese sind in der Regel nicht schwerwiegend, jedoch multipel. Typisch sind die oberflächlichen „Probierschnitte“. Sie sind Hauptmerkmal der Borderliner
Es gibt verschiedene Varianten, die besonders häufig vorkommen:
  • Typisch sind Schnitte durch Messer, Scherben, Rasierklingen oder andere scharfe Gegenstände. Dabei reicht die Tiefe der Wunden von "nur" oberflächlich bis zu wirklich tief.
  • Zufügen von Wunden durch Kratzen bzw. das immer wieder von neuem Aufkratzen alter Wunden
  • Fingernägel abreißen oder abbeißen bis zum Nagelbett
  • Das Ausreißen der Haare am Körper
  • Das Schlagen mit dem Kopf an Wände oder auf Tische
  • Das Schlucken von Medikamenten oder auch Chemikalien, wie z.B. Spülmittel
  • Auspowern des Körpers durch Sport bis zur totalen Kraftlosigkeit
  • Hungern bis zum Zusammenbruch
  • Sich selbst schlagen
Therapie:
Neben der primären Wundversorgung ist die Frage nach dem Bekanntheitsgrad der Störung wichtig. Aus meiner Erfahrung ist die Weiterleitung in einen psychiatrischen Dienst zur Frage der Notwendigkeit einer Krisenintervention hilfreich. Angehörige von Kindern sollten befragt werden, ob eine Störung bekannt ist oder schon behandelt wird. Häufig ist das Eltern/ Kindverhältnis zerrüttet oder Auslöser der Krise, so dass eine therapeutische Intervention sinnvoll ist.