Freitag, 25. Oktober 2013

Die distale Radiusfraktur: Plattenosteosynthese gegenüber K-Drähten überlegen?

Bei distalen Radiusfrakturen führt die palmare Plattenosteosynthese mittel- bis langfristig nicht zu besseren funktionellen Ergebnissen als die perkutane Stabilisierung mit Kirschnerdraht. Das legt eine randomisierte Studie aus Großbritannien nahe.

Dislozierte Frakturen am distalen Radius werden in letzter Zeit immer öfter mit einer beugeseitigen Platte versorgt. Damit will man Probleme wie z. B. Sehnenreizungen, die nach perkutanen Verfahren gelegentlich auftreten, vermeiden. Das britische Team um Alexia Karantana vom Queens Medical Center in Nottingham hat nun die funktionellen Ergebnisse dieser Methode – der offenen Plattenosteosynthese von palmar – mit der perkutanen Versorgung mittels Kirschnerdraht bei insgesamt 128 Patienten mit dislozierter distaler Unterarmfraktur verglichen, und zwar nach sechs Wochen, nach drei Monaten und nach einem Jahr. Die Patienten beider Gruppen waren zwischen 18 und 73 Jahre alt. Alle Patienten erhielten postoperativ einen Gipsverband und wurden angeleitet, Fingerübungen durchzuführen. Bei den mit Bohrdraht versorgten Patienten stand es im Ermessen des Operateurs, bei unzureichender Stabilität zusätzlich einen Fixateur externe anzubringen. Letzteres war bei elf von 64 Patienten (17%) der Fall.

Nach drei Monaten kein Unterschied mehr
Während die Plattenosteosynthese dem perkutanen Verfahren kurzfristig funktionell überlegen war, hatte sich dieser Unterschied bereits nach zwölf Wochen verflüchtigt. Die Funktion des Handgelenks hatten die Autoren mit dem PEM-Score (Patient Evaluation Measure) gemessen. Dieser erfasst Parameter wie Gefühl, Kälteintoleranz, Schmerz, Beweglichkeit, subjektive Griffkraft und Alltagsaktivitäten und reicht von 0 (optimales Ergebnis) bis 100 Punkte (vollständige Behinderung).
Die Werte in der Platten-Gruppe hatten sich im Beobachtungszeitraum von 34 Punkten nach Woche sechs auf 24 Punkte nach drei Monaten und 17 Punkte nach einem Jahr verbessert. In der Vergleichsgruppe verlief die Entwicklung von 45 über 27 bis hin zu 18 Punkten. Das heißt, nur in den ersten sechs Wochen nach der Op. hatten die Patienten signifikant von der Plattenosteosynthese profitiert (p < 0,001).

Auch im QuickDASH-Score, einem Selbstauskunftsbogen zu körperlichen Symptomen und Funktion, war die Plattenosteosynthese der perkutanen Versorgung nur anfänglich überlegen. Nach einem Jahr war der Unterschied nahezu ausgeglichen (p = 0,313).

Zwar hatten sich deutlich mehr Patienten in der offen versorgten Gruppe bereits nach sechs Wochen wieder ans Steuer eines Autos gesetzt, aber auch hier zogen die Patienten der Vergleichsgruppe bald nach: Zur Visite in Woche zwölf war kein signifikanter Unterschied mehr erkennbar (p = 0,598). Auf die Dauer der Krankschreibung hatte die Wahl der Methode fast keinen Effekt.

Röntgenbefund ohne funktionelle Entsprechung
Bei der Griffkraft und beim Bewegungsausmaß (Flexion) waren die Patienten mit Platte im Arm zu allen Beobachtungszeitpunkten den „gedrahteten“ Patienten überlegen. Die verbesserte anatomische Reposition hatte sich jedoch offenbar nicht in den funktionellen Scores niedergeschlagen, betonen die Autoren. Insgesamt waren alle Frakturen in beiden Gruppen verheilt, die Komplikationsrate war in der Kontrollgruppe leicht, aber nicht signifikant erhöht.

Für die Kommentatoren um Dr. Charles S. Day von der Harvard Medical School in Boston zeigt die Studie ein erhebliches Einsparpotenzial auf: „Wenn Patienten tatsächlich nicht länger als sechs bis zwölf Wochen von der volaren Plattenosteosynthese profitieren – ganz zu schweigen von der Komplikationsrate, die bei bis zu 27% liegt – müssen wir uns fragen, ob dieses Ergebnis die zusätzlichen Kosten gegenüber einer Versorgung mit Kirschner-Draht rechtfertigt“, so die Experten.


Lesen Sie dazu auch den folgenden Fall:

http://www.blogger.com/blogger.g?blogID=1713222409190798349#editor/target=post;postID=8765422729909729816;onPublishedMenu=posts;onClosedMenu=posts;postNum=7;src=postname


 Karantana A et al. Surgical Treatment of Distal Radial Fractures with a Volar Locking Plate Versus Conventional Percutaneous Methods. J Bone Joint Surg Am 2013; 95: 1737–44; doi: 10.2106/JBJS.L.00232