Donnerstag, 18. August 2022

Risiko postoperativer Blutungen durch NSAR nicht erhöht

Der Einsatz von NSAR als Teil des postoperativen Schmerzmanagements scheint das akute Blutungsrisiko nicht zu erhöhen. Zu diesem Schluss kommen US-Forscher nach Auswertung der Daten von über 150.000 Chirurgiepatienten.

In der postoperativen Schmerztherapie werden nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oft zurückhaltend eingesetzt, obwohl sie eigentlich eine wichtige Ergänzung oder gar eine Alternative zu Opioiden wären. Ein wichtiger Grund ist die Angst vor Blutungen. Diese Sorge ist jedoch wahrscheinlich nicht berechtigt; das legen zumindest die Ergebnisse einer Metaanalyse über 74 Studien nahe. An der US-Studie waren insgesamt 151.031 chirurgische Patienten beteiligt. Den Daten zufolge erhöhten NSAR bei Verabreichung kurz vor, während oder unmittelbar nach der Op. das Risiko akuter Blutungen nicht nennenswert.

Beschränkung auf "signifikante Blutungen"

Das Autorenteam um Dr. Tasce Bongiovanni von der University of California in San Francisco hatte sich bei der Auswertung auf „signifikante Blutungen“ beschränkt. Solche lagen definitionsgemäß vor, wenn ein Hämatom dokumentiert war, der Patient aufgrund einer Blutung erneut operiert werden musste oder einer Bluttransfusion bedurfte.

Zu jedem dieser Endpunkte führten die Forscher jeweils eine separate Metaanalyse durch. Diese umfasste für das Hämatom 35 Studien, für die blutungsbedingte erneute Op. 19 und für die Bluttransfusion 16 Studien. Bei mehr als der Hälfte der Studien handelte es sich um randomisierte kontrollierte Studien (RCT), der Rest waren Kohortenstudien.

Der Unterschied zwischen der Gruppe mit bzw. ohne perioperativ verabreichte NSAR war in keiner der Auswertungen signifikant. Die Studienheterogenität hielt sich dabei in Grenzen (allenfalls niedrige Heterogenität). Bei den Eingriffen dominierten solche an der Brust (14 Studien), gefolgt von abdominalchirurgischen (10) und orthopädischen Eingriffen (9). Die Nachbeobachtungsdauer reichte von zwölf Stunden bis drei Tagen. Das Team weist darauf hin, dass ausgerechnet die beiden Studien mit dem kürzesten Follow-up industriegesponsert waren. Etwaige Nachblutungen seien hier möglicherweise nicht erfasst worden, schränken Bongiovanni et al. ein.

 Auch bei einzelnen NSAR kein großer Unterschied

In Subanalysen wurde der Effekt verschiedener NSAR-Typen untersucht. Dabei handelte es sich um Ketorolac (verwendet in 41 Studien), Diclofenac (8), Ibuprofen (8), Celecoxib (6), Ketoprofen (5) oder Parecoxib (4). Auch hier fand sich nirgendwo ein Hinweis auf einen signifikanten Unterschied bei Verwendung bzw. Nichtverwendung des jeweiligen Präparats.

Studien, in denen man ausschließlich die Wirkung von Acetylsalicylsäure (ASS) untersucht hatte, waren ausgeschlossen. Das Gleiche galt für Studien, die den Effekt einer Langzeittherapie mit NSAR zum Gegenstand hatten, oder in denen die Substanzen lediglich präoperativ verabreicht worden waren.

Was in der Metaanalyse nicht berücksichtigt werden konnte, waren verschiedene Altersgruppen. Hier war es aufgrund der unterschiedlichen Einteilungsmodalitäten nicht möglich, eine einheitliche Stratifizierung vorzunehmen.

Nach Bongiovanni und Kollegen müssten zwar stets auch andere NSAR-Nebenwirkungen (z. B. Gastritis) in Betracht gezogen werden. Im Hinblick auf das postoperative Blutungsrisiko seien die Substanzen bei kurzfristiger Anwendung jedoch wahrscheinlich sicher und könnten als Teil eines multimodalen postoperativen Schmerzmanagements in vielen chirurgischen Fachgebieten zum Einsatz kommen.

 

Literatur

Bongiovanni T et al. Systematic Review and Meta-Analysis of the Association Between Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and Operative Bleeding in the Perioperative Period. J Am Coll Surg 2021; https://doi.org/10.1016/j.jamcollsurg.2021.01.005