Montag, 27. Mai 2024

Fall 85: Die Labrumcyste - Diskussion

Labrumzysten der Hüfte sind relativ häufige Befunde, die oft zufällig bei bildgebenden Untersuchungen wie MRT entdeckt werden. Sie stehen synonym für Bezeichnungen wie  Ganglion, Ganglionzyste, juxtaartikuläre Zyste, mukoide Dorsalzyste, Mukoidzyste, Myxomatosis nodularis cutanea oder "Überbein" an der Hand.

Damit bezeichnet man einen zystischen Pseudotumor im Bereich einer Gelenkkapsel oder einer Sehnenscheide. Sie entstehen als Folge einer unspezifische Proliferation von mesenchymalen Zellen, einer Degeneration von kollagenem Bindegewebe oder der Überproduktion von Hyaluronsäure durch Fibroblasten. 

Synovialzysten sind mit Synovialepithel ausgekleidete Pseudozysten mit einer dicken Wand aus Granulationsgewebe, Histiozyten und Riesenzellen. Sie sind in der Regel mit klarer, seröser oder xanthochromer Flüssigkeit gefüllt, die reichlich Mukopolysaccharide enthält.

Ganglionzysten dagegen sind mit Muzin gefüllte Strukturen ohne synoviale Auskleidung und ohne direkte Verbindung zu einem Gelenk. Weiterhin enthalten sie häufig Blut, Hämosiderin und Luft. Möglicherweise entwickeln sie sich aus Synovialzysten.

Beide Formen treten klinisch und radiologisch weitgehend identisch auf. Daher werden beide Begriffe synonym verwendet.

70% der Synovialzysten treten zwischen dem 25. und 40. Lebensjahr auf, bei Frauen häufiger als bei Männern. In 16% sind sie bei der Diagnose bei gesunden Probanden ein Zufallsbefund und verursachen keinerlei Beschwerden (Goldmann 2013[i]). Die Diagnose erfolgt i.d.R. im CT oder MRT.

Ursachen können Überlastungen oder vorausgegangene Labrumläsionen sein. Letztere treten als Folge eines Traumas auf oder degenerativ bei femoroacetabulärem Impingement. Dabei bilden sich Zysten aus der ausgetretenen Gelenkflüssigkeit.

Therapeutisch richtet sich das Vorgehen nach Größe und Beschwerdebild. Kleine Cysten oder Zufallsbefunde werden konservativ behandelt. Nur größere Zysten mit einer Schmerzsymptomatik, Bewegungseinschränkungen und Einklemmungen im Hüftgelenk werden operativ versorgt.

Konservative Behandlungsmöglichkeiten bestehen in...:

- Schonung des Hüftgelenks

- Entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac 

- Physikalische Therapie zur Schmerzlinderung und Kräftigung der Muskulatur

- Injektionen mit Hyaluronsäure in das Hüftgelenk zur Reduktion der Reibung

- Punktion des Gelenkes. Hierbei besteht jedoch eine hohe Rezidivwahrscheinlichkeit

- Gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Gehen

Operative Behandlungsmöglichkeiten:

- Hüftarthroskopie zur Naht/Refixation der gerissenen Gelenklippe bei vollständigen Abrissen.

- Teilweise Entfernung (Resektion) der geschädigten Anteile der Gelenklippe 

- Beseitigung von Knochenauflagerungen (Offset-Korrektur) zur Vermeidung weiterer Schäden

Die Wahl der Behandlung hängt vom Ausmaß der Läsion, den Beschwerden und der Aktivität des Patienten ab. Bei kleineren Rissen wird zunächst eine konservative Therapie versucht. Bei größeren Rissen oder Abrissen der Gelenklippe ist oft eine operative Behandlung erforderlich.



[i] Goldmann A: Stellenwert der MRT-Diagnostik bei Hüftgelenkveränderungen. OUP 2013; 7: 332–340