Klinisch handelt es sich um einen akuten Gichtanfall!
Sie können eine Labor mit Entzündungszeichen und Hanrsäure veranlassen, das nicht unbedingt wegweisend sein muss. Differenzialdiagnostisch könnten sie auch Rheumafaktoren bestimmen.
Die Gicht hat eine interessante Geschichte. Im Mittelalter galt sie als:
Sie können eine Labor mit Entzündungszeichen und Hanrsäure veranlassen, das nicht unbedingt wegweisend sein muss. Differenzialdiagnostisch könnten sie auch Rheumafaktoren bestimmen.
Die Gicht hat eine interessante Geschichte. Im Mittelalter galt sie als:
Gicht: „Die Krankheit
der Säufer und Prasser“
Die
Gicht ist so alt wie die Menschheit selbst, vermutet die Paläopathologie. Für
Hippokrates (460–375 v. Chr.) war sie noch eine Krankheit der Greise, Reichen
und Vornehmen. Später galt sie als Strafe für Prassen und Völlerei. Einst galt
sie als Wohlstandskrankheit privilegierter Schlemmer und als die „Krankheit der
Könige und des Adels. Heute dagegen ist sie in allen Schichten und Berufsgruppen.
Der Anteil der Ernährung an der Entstehung der
Krankheit wird heute als gering eingestuft. Bedeutender sind erbliche
Enzymdefekte, Umweltfaktoren und Nierenschäden. Dennoch hält sich der Faktor
Ernährung hartnäckig, denn in Hungerszeiten verschwindet sie fast völlig, um in
Wohlstandszeiten wieder aufzuflammen.
„Dreh den Schraubstock fest, so weit es geht, dann hast
Du den Rheumatismus, dreh noch eine Windung weiter: Das ist die Gicht“, schrieb
der amerikanische Arzt Morris Longstreth – selbst von der Gicht geplagt – im
Jahr 1882. Thomas Sydenham (1624–1689), der „englische Hippokrates“ – seit
seinem 30. Lebensjahr ebenfalls ein Opfer der Gicht – beschrieb in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts aus eigener Erfahrung die Symptome der Gicht und
klagte, „dass er während eines Gichtanfalls nicht einmal das Gewicht der
Bettlaken auf seinem schmerzpochenden Fuß ertrüge oder auch nur die
Erschütterung des Fußbodens, wenn jemand munter darüber hinschreitet“.
Der Ausdruck Gicht kam vermutlich im 12. Jahrhundert
auf. Die Herkunft des Begriffs ist aber nach wie vor umstritten. Von „ghida“,
altangelsächsisch für Körperschmerz, über „gutta“, Tropfen, die auf die
humoralpathologische Vorstellung von der Ablagerung böser Körpersäfte – im Fall
der Gicht „Säuretropfen“ in den Gelenken – hinweist, reicht die Palette der
Vermutungen bis zum althochdeutschen „gichten“, was so viel wie verhexen
bedeutet und ebenfalls bereits einen Hinweis auf die damals vermutete Ursache
der Krankheit gibt.
Hippokrates, der die Gicht erstmals als eigenständige
Krankheit erkannte, nannte das Leiden Podagra – griechisch für Fußzange oder
Steigbügel. „Pfotengram“ bezeichnete treffend der Volksmund das qualvolle
Leiden in Verballhornung des griechischen Begriffs. Zipperlein, diese heute eher spöttisch und harmlos klingende
Bezeichnung für die keinesfalls lustige und äußerst schmerzhafte Erkrankung,
erhielt sie im Mittelalter. Abgeleitet vermutlich vom „zippeltritt“, dem
trippelnden, zappelnden Gang, der für einen akuten Gichtanfall – so er an
seiner typischen Stelle, am Grundgelenk der großen Zehe, auftritt –
charakteristisch ist. „Wenn ich die Gicht habe, dann ist mir zumute, als ginge
ich auf meinem Augapfel“, beschrieb dies drastisch ein gichtgequälter Priester
im 18. Jahrhundert.
Unter den fragwürdigen und meist mehr oder weniger
nutzlosen Methoden – ein Pflaster aus gestoßener Eichel in Ochsengalle, Anrufung
des Schutzpatrons Andreas, „hünig wasser statt wein“, pflanzliche Einreibungen
mit diversen medizinischen Gebräuen, alchemistische Goldessenzen, Gichthunden,
die nächtens auf das schmerzende Glied gelegt wurden, um die Krankheit auf das
Tier zu übertragen, elektrische Rochen, die dem Patienten an den Schläfen
befestigt wurden, und diverse Diäten –, mit denen jahrhundertelang Ärzte,
Volksmediziner, Alchemisten und Priester die Gicht zu lindern oder zu
vertreiben suchten, fanden sich aber auch bereits sinnvolle Ansätze: So im
Papyrus Ebers (datiert auf etwa 1550 v. Chr.) – die Gicht wird namentlich
allerdings nicht erwähnt – Rezepte zur Herstellung von Heilmitteln aus der
Herbstzeitlosen. Zur Behandlung eines akuten Gichtanfalls wird auch heute noch Colchizin,
das im Samen der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) enthalten ist,
eingesetzt. Dioskurides, der berühmteste Pharmakologe des Altertums, behandelte
im ersten Jahrhundert Fieber, Schmerzen und Gicht mit Weidenrinde – der 1829
aus der Weidenrin-de isolierte Wirkstoff Salicin war ja das Modell für das
später synthetisch hergestellte Aspirin©.
Colchizin,
der lang unerkannte Wirkstoff der Herbstzeitlosen
Alexander von Tralles (zirka 525–605), ein
griechischer Arzt des sechsten Jahrhunderts, der in Rom praktizierte, hatte
sensationelle Erfolge mit einem Rezept, das er aus Anis, Rhabarber, Kümmel,
Essig, Wolfsmilch, Ingwer, Dill, Pfeffer, Aloe und – vermutlich zufällig –
Colchizin gewann. Zufällig deshalb, weil er bald darauf Colchizin, das einzig
wirklich wirksame Agens dieser Rezeptur gegen die Gicht, aufgrund seiner
abführenden Wirkung aus der Rezeptur entfernte. Wegen der vermutlich
gravierenden Nebenwirkungen des Giftes der Herbstzeit-losen und den noch immer
vorherrschenden mystischen Vorstellungen über die Entstehung von Gichtanfällen
geriet Colchizin aber lange Zeit in Vergessenheit.
Erst Anton von Stoerk (1731– 1803), ab 1760 „k.u.k.
Leibmedicus in Wien“ – er erforschte erstmals umfassend die Wirkungen und
Nebenwirkungen vieler Heil- und Giftpflanzen an Gesunden und Kranken – setzte
1763 die therapeutisch wirksame Dosis für das Alkaloid Colchizin fest. Seither
ist das Gift der Herbstzeitlosen ein Standardheilmittel gegen den akuten
Gichtanfall.
Literatur:
http://www.springermedizin.at/artikel/1635-gicht-podagra-zipperlein