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Mittwoch, 23. April 2014

Fersenschmerzen - Nicht immer ein Fersensporm!

An der „Wetterecke“ Ferse spielt sich häufig zeitgleich Unterschiedliches ab. Meist sind verschiedene Ursachen und Beschwerden gemeinsam vorhanden. Hier hilft die Frage nach der Dauer und dem Charakter der Schmerzen. Wann und wo treten diese auf? Gibt es Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, arterielle Verschlusskrankheit und/oder venöse Insuffizienzen oder rheumatische Erkrankungen in der Eigenanamnese oder in der Familie?

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 Differenzialdiagnosen
  • Engpass-Syndrom des Nervus suralis oder des Nervus tibialis posterior (laterales Kamerad-Schnürschuh-Syndrom bzw. Tarsaltunnel-Syndrom)
  • Tendinitis der Peronealsehnen oder der Tibialis-posterior-Sehnen
  • Thrombophlebitis
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit

Untersuchung
Für die körperliche Untersuchung sollten die unteren Extremitäten des Patienten entkleidet sein. Bei der Inspektion werden die Beinachse und die Rückfußachse ermittelt. Abweichungen der Fußstellung führen zu Scherkräften und einem erhöhten Anpressdruck, die eine Achillodynie und eine Bursitis tendinis calcanei bedingen können. Gibt es Schwielen oder trophische Störungen oder Zeichen für eine gestörte Blutzirkulation?

Zu prüfen sind auch der Gang und Stand des Patienten. Der Zehenspitzenstand wird jeweils auf einem Bein getestet. Eine Sehnenpathologie ist bereits bei einer Unsicherheit, bei Seitendifferenzen oder bei nicht mehr demonstrierbarem Einbein-Zehenspitzenstand zu erwarten. Eine Läsion der Tibialis-posterior-Sehne (Dysfunktion oder erworbener Plattfuß des Erwachsenen), eine schmerzbedingte Schwäche der Wadenmuskulatur oder eine Ruptur der Achillessehne könnten ursächlich sein. Neben den dramatischen Rupturen der Achillessehne (Peitschenknall und ähnliche Beschreibungen) gibt es auch mehr oder weniger stumme Verläufe, sodass bis zu 10% als veraltete Rupturen (älter als drei Wochen) diagnostiziert werden. Die Inzidenz ist steigend und beträgt 10/100.000 Einwohner.

Die „kurze Wade“ ist Ursache für Sehnenansatzpathologien und Achillodynien, möglicherweise ist manchmal auch ein schon vorhandener Schmerz der Auslöser für weitere Verkürzungen.
Den Bewegungsumfang des oberen Sprunggelenks testet man mit dem Silfversköld-Test: Unter Verriegelung des Rückfußes in Inversion prüft man die Dorsal- und die Plantarflexion im oberen Sprunggelenk (OSG) jeweils bei gestrecktem und gebeugtem Kniegelenk. Die Beweglichkeit des Sprunggelenks wird bei gebeugtem Knie gemessen. Der Unterschied in der Dorsalextension bei den beiden Teilen des Tests ist dann ein Maß für die verkürzte Wade.

In Bauchlage des Patienten prüft man mit dem Thompson-Test die Funktion der Achillessehne: Der Wadenmuskel wird mit der Hand komprimiert. Bewegt sich dabei der Fuß nach plantar, ist die Achillessehne intakt. Im Fall einer Ruptur der Sehne ist meist eine Lücke tastbar.

Mögliche Schwielen an der hinteren Ferse deuten auf eine Druckbelastung hin. Durch Palpieren kann man nach druckschmerzhaften Punkten fahnden. Diese können lateral des Ansatzes (dorsolateraler Fersensporn mit Bursitis subcutanea calcanea), vor dem Ansatz (Haglundferse mit Bursitis tendinis calcanei) oder als knöcherne Ausziehung am Ansatz der Achillessehne zu finden sein; Ausmaß und Lokalisation sind im Röntgenbild beurteilbar.

Daneben finden sich Schmerzen teilweise auch plantar am Fersenbein am Ansatz der Plantarfaszie, entsprechend der Ausprägung dieser Struktur, welche die Längswölbung stabilisiert, etwas medial der Medianlinie. Selten geben Patienten die Schmerzangabe im proximalen Verlauf der Plantarfaszie an. Weiter distal kann in Verbindung mit einer knotigen Verdickung der Morbus Ledderhose diagnostiziert werden.

Auf der Suche nach einem möglichen Nervenengpass-Syndrom sollte bei den Patienten das Hoffmann-Tinel-Zeichen medial für den Tarsaltunnel (Nervus tibialis posterior) und lateral für den Nervus suralis (laterales Kamerad-Schnürschuh-Syndrom) geprüft werden. Dabei wird der Verlauf der Nerven dorsal und distal des Innenknöchels beziehungsweise des Außenknöchels mit der Fingerkuppe perkutiert. Bei positivem Befund lässt sich so ein lokaler Schmerz, teilweise auch ein fortgeleiteter Schmerz („elektrisierend“) auslösen.

Diagnostik:
Labor
Bestimmung von rheumatischen Ursachen oder Stoffwechsel-erkrankungen.

Röntgen
Ferse seitlich und axial. Eine Darstellung knöcherner Prominenzen ist möglich. Eine Korrelation des radiologischen Befundes eines plantaren Fersensporns oder einer Haglundferse zu den klinischen Beschwerden besteht nicht.

Ultraschall
Sehnenscheidenentzündung, Texturstörung bei Verkalkung der Sehne, möglicherweise Zeichen der Ruptur mit Dehiszenz.

Kernspintomografie
Zeichen der Entzündung (Bursitiden) und Sehnenschädigung, beginnend mit Signalalterationen und Auftreibung der Sehne, bis hin zur Ruptur.

Therapie
Eine konservative Behandlung sollte in einem frühen Erkrankungsstadium beginnen, multimodal konzipiert und den Beschwerden angepasst sein. An erster Stelle steht dabei die Dehnung der verkürzten Wadenmuskulatur, die durch postisometrische Übungen ergänzt werden kann. Positive Triggerpunkte sollten direkt und im Wesentlichen mit exzentrischen Dehnungsübungen behandelt werden. Auch eine Querfriktion am schmerzhaften Sehnenansatz ist hilfreich.

Treten die Schmerzen vermehrt morgens bei den ersten Schritten auf, ist eine Nachtlagerungsschiene in Hackenstellung des Fußes sinnvoll. Eine Druckentlastung an der Ferse ermöglicht die Weichbettung der Fersenkappe oder das Tragen hinten offener Schuhe. An der Fußsohle sind eine Einlagenbettung mit festem Fersenhalt, eine Lochaussparung an der druckschmerzhaften Stelle und eine gute Längsgewölbestütze empfehlenswert. Fersenkeile sollten allenfalls kurzfristig in der Akutphase angewendet werden, da sie zu einer weiteren Verkürzung der Wade beitragen können.
Zur systemischen Analgesie können NSAR eingenommen werden. Vor Kortison-Injektionen in die Sehne sei wegen der Gefahr der Sehnenruptur gewarnt. Weitere mögliche Therapieoptionen sind die Röntgenreizbestrahlung und/oder die Stoßwellentherapie. 
Bei einer Plantarfasziitis zeigen doppelblinde prospektive Studien gute Ergebnisse mit der Injektion von Botulinumtoxin.
Erzielt die konservative Therapie nach sechs Monaten nicht den gewünschten Erfolg, wird eine Operation empfohlen. Neben der Denervierung des Paratenons erfolgt die Bursektomie und die Entfernung degenerativ veränderten Gewebes sowie die Abtragung der Exostosen dorsal. Bei fortgeschrittener Degeneration der Achillessehne wird die Augmentation mit der Flexor-hallucis-longus-Sehne empfohlen. 
Der plantare Fersensporn ist nicht mit einer Spornabtragung von plantar operativ anzugehen, weil der Sporn meist keine Korrelation zu den Beschwerden aufweist. Falls eine Dehnung der Wade mit konservativen Therapiemaßnahmen nicht möglich ist, lässt sich operativ beispielsweise durch die Einkerbung der medialen Sehne des Musculus gastrocnemius eine dosierte Verlängerung erzielen.
Mit frischen wie auch mit älteren Achillessehnenrupturen sollten die Patienten unmittelbar in eine sporttraumatolgische und fußchirurgische Spezialsprechstunde überwiesen werden.


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Zeitschrift: Orthopädie & Rheuma  2014/1

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