Patienten mit distalen
Radiusfrakturen werden oft in kurzen Abständen geröntgt, um
Verschiebungen der Bruchenden unterm Gips früh zu erkennen. Das gilt
auch bei primär nicht dislozierten Brüchen. US-Forscher halten dies für
unnötig.
Gesetzt den Fall, dass eine
distale Fraktur der Speiche nicht verschoben ist, genügt es laut einer
Gruppe von Orthopäden und Radiologen vom Brigham and Women’s Hospital in
Boston, wenn die Patienten in der ersten Woche nach der Verletzung und
dann erst wieder bei der Gipsabnahme vier bis sechs Wochen nach der
Fraktur zur Kontrolluntersuchung erscheinen.
Die Mediziner hatten den
Verlauf bei 82 erwachsenen Patienten mit solchen Brüchen verfolgt und
festgestellt, dass es in keinem einzigen Fall nachträglich zu einer
Dislokation der Frakturenden oder zu einer operativen Intervention
gekommen war. Das Risiko für primär nicht dislozierte distale
Radiusfrakturen, sich später noch zu verschieben – mit der Gefahr, in
Fehlstellung auszuheilen –, bezifferten sie auf unter 4%.
Abweichungen innerhalb der Messgenauigkeit
Bleibt
allerdings die Frage, wann eine distale Radiusfraktur als tatsächlich
nicht disloziert zu betrachten ist. Weil Vergleichsaufnahmen des anderen
Handgelenks nicht vorhanden waren, legten die Wissenschaftler die
Frakturbilder jeweils vier Radiologen vor. Nur wenn sich alle vier einig
darin waren, dass sämtliche Knochenabschnitte korrekt an Ort und Stelle
lagen, galt der Bruch als nicht verschoben.
Zum Zeitpunkt der Verletzung und
nach der Heilung wurden die radiale Inklination, die radiale Höhe und
die palmare Neigung gemessen. Die Differenzen befanden sich allesamt im
Rahmen der Messgenauigkeit. Artikuläre oder kortikale Stufenbildungen
waren nicht festzustellen. Daher durften die Bostoner Ärzte davon
ausgehen, dass die Frakturen im Verlauf des Heilungsprozesses wirklich
stabil geblieben waren.
Sparprogramm ist nichts für Kinder
Im
Gegensatz zu dem Bostoner Vorschlag von zwei Kontrollterminen waren die
in der Studie untersuchten Patienten im Durchschnitt viermal vorstellig
geworden. Im Mittel waren dabei zehn Röntgenaufnahmen angefertigt
worden. Spitzenreiter war ein Patient mit 18 Bildern bei zehn Besuchen.
Es bestehe also die Möglichkeit, so die Wissenschaftler, die Zahl sowohl
der Arztbesuche als auch der Röntgenaufnahmen um die Hälfte zu senken.
Sie betonen aber, dieses Vorgehen gelte nur für Erwachsene mit
ausgereiftem Skelett, nicht für Kinder mit offenen Epiphysen.