Die akute mesenteriale Ischämie ist häufig. Ihre Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter exponenziell an: Während sie
in der Allgemeinbevölkerung nur 1% aller Ursachen eines akuten Abdomens
stellt, liegt der Anteil jenseits des 70. Lebensjahres bereits bei 10%.
Bei
den Ursachen des Mesenterialinfarkts dominieren vorwiegend arterielle Verschlüsse
aufgrund von Embolien, vor allem aber auch von Thrombosen auf der
Grundlage atherosklerotischer Läsionen. Dies sei vergleichbar
mit der Pathogenese von Myokardinfarkt und Apoplex. Wird der „Infarkt im
Bauch“ nicht rechtzeitig erkannt, verläuft auch er oft tödlich: Die
Letalität liegt bei 50 bis 70%.
Pathogenetisch relevant ist neben
arteriellen Problemen auch die sogenannte nicht-okklusive
Mesenterialischämie (NOMI); Risikofaktoren hierfür sind eine Hypotension
oder Herzinsuffizienz. Aber auch Medikamente, ein septischer Schock,
entzündliche Darmerkrankungen, eine Vaskulitis oder eine inkarzerierte
Hernie können in eine Mesenterialischämie münden. Der Mechanismus hier:
Bei einer primär eigentlich offenen Gefäßbahn kann sich aufgrund einer
nicht adäquaten Ischämie ein entsprechendes Krankheitsbild ausbilden.
Bei 70% der Patienten mit
zugrundeliegender arterieller Embolie eine Arrhythmie und bei 77% der
Patienten mit arterieller Thrombose liegt gleichzeitig eine Atherosklerose vor. 70%
der NOMI-Fälle litten bereits zuvor an Herzproblemen.
Wichtig
sei, dass man in der Differenzialdiagnose des akuten Abdomens an die
Möglichkeit einer Mesenterialischämie denkt. Das gelte in
zunehmendem Maße, je älter der Patient sei. Die Diagnostik ist
allerdings durch die unspezifische Symptomatik erschwert. Typisch ist
der nicht adäquate Schmerz ohne begleitenden Peritonismus, ohne
wirkliche Ileuszeichen oder sonstige klinische Manifestationen. So eine
Konstellation müsse auch an eine Mesenterialischämie denken lassen.
Als
neuer Diagnostikstandard zeichnet sich heute die Multislice-CT ab.
Bei diesem Verfahren seien sowohl Sensitivität als auch
Spezifität exzellent. Demgegenüber rutsche der bisherige Goldstandard,
die intraarterielle Angiografie, in den Hintergrund. Vorteil der CT: Bei der
Untersuchung kann gleichzeitig das Ausmaß der arteriellen Thrombose oder
Embolie festgestellt werden, ebenso gegebenenfalls ein begleitender
Tumor.
Unter dem Aspekt der Verfügbarkeit hat die Sonografie einen erheblichen
Stellenwert, wenngleich diese in der Literatur nicht unbedingt empfohlen
wird. Sie erfordert viel Erfahrung und Geschick des Untersuchers. Dagegen sist die konventionelle
Röntgenaufnahme des Abdomens in der Diagnostik der Mesenterialischämie
zu vernachlässigen.
Die frühzeitige Diagnose entscheidet! Insgesamt
ist die frühzeitige Diagnose äußerst wichtig. „Je früher Sie
diagnostizieren, umso früher kann eine sinnvolle Revaskularisation
erfolgen, und umso besser wird die Prognose sein. Im Spätstadium wird
die Erkrankung häufig durch eine Peritonitis verkompliziert, es kommt
zum Ileus, der Allgemeinzustand verschlechtert sich.
Im
Behandlungsalgorithmus nach Acosta et al. (Br J Surg 2014) steht die CT
ganz oben; sie kann die Diagnose „akuter Mesenterialverschluss“ liefern.
Das weitere Vorgehen ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Die allermeisten
Patienten liegen nicht unterhalb der Sechs-Stunden-Grenze und noch
nicht einmal unter der Zwölf-Stunden-Grenze seit Beginn der ersten
klinischen Symptomatik. Ähnlich wie beim Myokardinfarkt oder
Schlaganfall kann man die verlorene Zeit nicht mehr kompensieren.
Liegt
noch keine Peritonitis vor, steht das ganze Repertoire des
endovaskulären gefäßmedizinischen Vorgehens zur Verfügung.
Bei
Patienten mit Peritonitis dagegen bleibe nur noch die Laparotomie. Auch
hier sollte man in jedem Fall die Möglichkeit einer Reperfusion in
Erwägung ziehen. Ein erfahrener Gefäßchirurg sei dabei die Voraussetzung
für das Gelingen des Eingriffs.
Die Optionen
bei endovaskulärem Vorgehen reichen von der selektiven Katheterlyse bis
hin zu PTA und Stent. Aber auch Papaverin oder eine
Nitroglyzerininfusion kommen nach Heiss infrage, z. B. bei Vorliegen
einer NOMI.
Bei den Operationen steht die
arterielle Embolektomie oder Thrombektomie im Vordergrund. Welches
Verfahren gewählt wird, hängt davon ab, wie sich der Patient individuell
darstellt. Die Gefäßveränderungen betreffen vornehmlich die A.
mesenterica superior, die mit der A. mesenterica inferior
kollateralisiert. Je nachdem, ob es sich um einen embolischen
Verschluss handelt, haben Sie entsprechende Perfusionsausfälle und
entsprechende Auswirkungen im Magen-Darm-Trakt.
Der
operative Zugang sei oft nicht ganz trivial: Neben dem Standardzugang
könne man auch quer durch die Bursa omentalis gehen. Operateuren, die
Erfahrung mit der Pankreasresektion haben, empfiehlt Heiss denselben
Zugang wie er im Rahmen der Whipple-Op. benutzt wird, um die V.
mesenterica inferior darzustellen. Die A. mesenterica superior erreiche
man medial davon. Das Unangenehme an der V. mesenterica superior ist,
dass sie relativ viele kleine Ästchen hat, die eine sorgfältige Präparation erfordern. Im Zweifelsfall kann eine definitive
Versorgung aufgeschoben werden und das Abdomen offen gelassen werden nach dem Prinzip der Damage
control.
Key words: Mesenterialinfarkt, Gefäßverschluss, Bauchschmerzen, Gefäfssverschluss im bauch, "Dr Pietsch"