Diagnose:
Patellarsehnenruptur
Die Rupturen der
Patellarsehne gehören zu den selteneren Verletzungen des Sehnenapparates bei
Menschen. Sie gliedern sich in die traumatischen Sehnenrisse und die
Spontanrupturen. Indirekte Rupturen erfolgen unter Anspannung der
Quadricepsmuskulatur gegen Widerstand. Wesentlich seltener sind Abrisse der
Patellarsehne infolge direkter Gewalteinwirkung, insbesondere mit
scharfkantigen Gegenständen.
Spontanrupturen sind
Ausdruck einer vorgeschädigten Sehnenstruktur entweder durch fortwährende
Mikrotraumen oder stoffwechselbedingte Ernährungsstörungen. Dazu zählen:
·
Amyloidose
·
Lupus erythematodes
·
Hyperparathyreoidismus
·
Steroidtherapie und Anabolikaabusus
·
Diabetes mellitus.
Am wachsenden Skelett
beobachtet man die Patellarsehnenruptur immer in Form eines knöchernen
Ausrisses aus der Tuberositas tibiae, entweder als schalenförmiges
Knochenfragment oder als vordere Tibiakantenfraktur.
Beim jungen Erwachsenen
treten die Rupturen interligamentär oder als Ausriss des unteren Patellapoles
auf. Zu 80% sind die Patienten jünger als 40 Jahre (Wirth 2009)[i].
Spontanrupturen dagegen
können bei älteren Patienten jenseits des 50. Lebensjahres auftreten. Sie
verursachen meist länger zurückliegende Beschwerden im Kniebereich und werden
häufig mit einer Bursitis infrapatellaris verwechselt.
Die Rate der
übersehenen oder verspätet diagnostizierten Rupturen liegt bei 21% (Rudig 1993)[ii].
Symptome:
Die Ruptur der
Patellarsehne ist ein plötzliches und meist schmerzhaftes Ereignis und häufig
mit einem hörbaren Geräusch verbunden. Patienten berichten über den Verlust
einer aktiven Streckung des Kniegelenkes, was sich insbesondere beim
Treppenstiegen, Hinsetzen oder Aufstehen bemerkbar macht. Auch fühlt sich das
Knie instabil an. Eine Schwellung muss nicht bestehen.
Bei der klinischen
Untersuchung findet sich häufig ein Haematom durch den Einriss des Retinaculum.
Typisch ist die Trias aus:
· -
Funktionsausfall
· -
Patellahochstand
· -
Tastbare Delle distal der Patellaspitze
Bei veralteten
Verletzungen oder Spontanrupturen kann die Schwellung der Knieweichteile diese
typischen Symptome kaschieren.
Diagnostik:
Die Röntgenaufnahme des
Kniegelenkes in zwei Ebenen zeigt die hochstehende Patella. Knöcherne Ausriss
am unteren Patellapoles oder beim Heranwachsenden die knöcherne Mitbeteiligung
der Tuberositas tibiae können ausgeschlossen werden.
Der
Insall Salvati Index beschreibt das Längenverhältnis zwischen Patella und Patellarsehne. Es beträgt
in der Regel im seitlichen Strahlengang 1:1. Ein Index>1,2 im Zusammenhang mit der entsprechenden Klinik spricht für eine Ruptur[iii].
Eine
Ultraschalluntersuchung kann bei unklaren Fällen weiterhelfen. Die
Kernspintomografie ist im Allgemeinen nicht zwingend, kann jedoch bei unklaren
Befund eine Partialruptur darstellen.
Therapie:
Als operative Maßnahme
hat sich die End zu End Sehnennaht und zusätzliche Augmentation des Ligamentes
mit einer Drahtcerclage nach Mc Laughlin in den verschiedenen Modifikationen
bewährt.
Dazu muss man sich bei
einer zerfaserten Sehne zunächst über die notwendige Läge des
wiederherzustellenden Ligamentes informieren. Der Index nach Insall und Salvati
belegt, dass sich Längsdurchmesser der Patella und Abstand der Tuberositas zum
unteren Patellarpol wie eins zu eins verhalten.
Für die intraoperative
Technik lässt sich Höheneinstellung durch Einschieben eines Spickdrahtes bei
rechtwinklig gebeugtem Knie über den oberen Patellapol parallel zur
Femurdiaphyse kontrollieren. Danach wird entweder durch zwei Bohrkanäle durch
die Tuberositas und quer durch die Patella ein 1,5 mm Cerclagendraht gezogen
und verspannt bis die Sehnenenden aneinander liegen und adaptierend mit
resorbierbarem Nahtmaterial vernäht werden können.
Die Nachbehandlung
besteht in einer vorübergehenden Ruhigstellung des Kniegelenkes für die Dauer
der Wundheilung. Danach erfolgt die Mobilisationsbehandlung des Kniegelenkes
mit CPM oder geführter Bewegungstherapie zwischen 0 und 60° Beugung. Eine Teilbelastung
der Extremität sollte für vier Wochen eingehalten werden. Danach kann die aktive
Streckung und zunehmende Belastung durchgeführt werden.
Die Drahtcerclage sollte
nach sechs Monaten entfernt werden. Sie reißt danach meist durch, ohne dass die
Patella sichtbar höher tritt. Die Sehne ist sichtbar stabil verheilt.
In der Literatur werden
die Ergebnisse der frühzeitigen operativen Therapie der Patellarsehnenruptur
als durchweg gut bis sehr gut beschrieben. Beuge- und Streckfähigkeit des
Kniegelenkes lassen sich durch die Operation im Allgemeinen wieder vollständig
wiederherstellen, im Gegensatz zu den verspäteten Operationen oder nach
Spontanrupturen. Hier wird häufig einen bleibende Verdickung des
Kniegelenkweichteilmantels mit Einschränkung der Beugefähigkeit beschrieben.
Postoperative
Komplikationen wurden langfristig mit einer Flexionseinschränkung des Knies mit 21–33%, im Mittel 24% sowie einer Streckschwäche in einem elativ geringen Prozentsatz von 4% (1–9%) angegeben (Wirth 2009).