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Samstag, 28. Februar 2015

Skuril: Hilft Musik im OP?

Gibt es den perfekten Soundtrack für eine Operation? Das British Medical Journal gibt dazu Antworten.
David C. Bosanquet und Kollegen des Department of Surgery, University Hospital of Wales in Cardiff [1] haben sich des Themas Musik im Operationssaal angenommen und befürworten dieselbe, „wann immer die Situation es erlaubt“. Auch deuten die Autoren an, dass der berühmte US-Chirurg Dr. Evan Kane sich womöglich von Lieblingsmelodien berieseln ließ, während er 1920 seinen eigenen entzündeten Wurmfortsatz entfernte. Jahre vor der weltweit ersten Auto-Appendektomie hatte Kane in einem Leserbrief an das JAMA die „segensreichen Wirkungen des Phonographen im Operationssaal“ gelobt.

Welche Musik?
Inzwischen belegen zahlreiche Studien, dass sich Musik beruhigend und angstlösend auf Patienten auswirkt. Auch gibt es Hinweise darauf, dass viele Chirurgen mit Musik im OP präziser und schneller arbeiten und dabei weniger Stresssymptome zeigen. Kein Wunder also, dass bei rund zwei Dritteln aller Operationen Musik zum Einsatz kommt – meist ausgewählt vom leitenden Chirurgen.
 
Was aber, wenn der Chirurg Bach favorisiert, die OP-Schwester Hardrock und der Anästhesist Schlager? Prof. Dr. Benno Ure, Direktor des Zentrums Kinderchirurgie Hannover, erklärt im Interview mit Medscape Deutschland, dass Musik im Operationssaal nur dann positive Effekte hat, wenn das ganze Team damit gut zurechtkommt. „Nicht alle hören gern, was ich gern höre“, weiß er aus Erfahrung. „Musik weckt bei jedem andere Emotionen.“

Ure selbst kann als Klassik-Fan auch mal mit Rap oder House arbeiten, das gelingt jedoch nicht jedem. Sobald einer im Team die Klänge als Lärm empfindet, steigt das Komplikationsrisiko. Ure selbst ist Senior-Autor einer Studie, die den Zusammenhang zwischen Lärm im Operationssaal, negativer Befindlichkeit von Chirurgen einerseits und unerwünschten Ereignissen wie Nachblutungen oder Nahtinsuffizienz andererseits belegte.

In der deutschen Studie wurde bei 156 größeren pädiatrischen Eingriffen der Geräuschpegel im OP um die Hälfte reduziert: unter anderem dank Telefonen mit Lichtsignal und einem Minimum an Gesprächen. Mit positiven Folgen. „Wie sich Musik auswirkt, haben wir hierbei zwar nicht untersucht“, betont Ure, „doch dass sie bei manchem die Konzentration herabsetzt, ist möglich.“
Auch weiß er aus eigener Erfahrung, dass in Teams aus mehreren Kulturen oder aus mehreren Generationen der Musikgeschmack weit auseinanderklafft. Seine Schlussfolgerung: „Wenn man einen Konsens findet, ist in den Phasen einer Operation, in denen alles relativ stressfrei dahinläuft, Musik gut. Ansonsten hört man besser keine.“

Der richtige Soundtrack für eine gute OP
 
Wenn man einen Konsens findet, ist in den Phasen einer Operation, in denen alles relativ stressfrei dahinläuft, Musik gut. Für Klassik-affine OP-Teams hat Ure eine Warnung parat: „Wagner geht gar nicht.“ Bosanquet und seine Kollegen raten hingegen ab von Queens „Another one bites the dust“ oder „Killer Queen“, von „Scar Tissue“ von den Red Hot Chili Peppers oder „Everybody Hurts“ von REM.
 
Den Fans zeitgenössischer deutscher Musik rät die Medscape Deutschland-Redaktion zusätzlich von „Atemlos“ von Helene Fischer ab, auch „Au Revoir“ von Mark Forster könnte sich als schlechtes Omen erweisen. Der Soundtrack von „Spiel mir das Lied vom Tod“ empfiehlt sich allenfalls, falls der Patient einen ausgeprägten schwarzen Humor mitbringt. Doch ob die Positivbeispiele der BMJ-Autoren, allen voran „Staying alive“ von den BeeGees, „Smooth Operator“ von Sade und „Fix me“ von Coldplay, auf Gegenliebe bei Medizinern und Patienten stoßen, bleibt abzuwarten.



Literatur: Bosanquet D, et al: BMJ 2014;349:g7436
key words: Musik im OP; Music in theatres, Musik Chirurgie, music and surgery, Dr Pietsch, notfallambulanz.blogspot.com

 
 

Dienstag, 3. Februar 2015

5 Minuten für ein längeres Leben

Nur 5 Minuten pro Tag genügen für ein längeres Leben


Fünf Minuten lockeres Jogging pro Tag – und das soll genügen, das Leben zu verlängern? Eine Gruppe von US-Wissenschaftlern will herausgefunden haben: Jawohl, das reicht.

Man möchte meinen, es lohne sich gar nicht, dafür vom Sofa aufzustehen. Und doch scheint es sich auszuzahlen: Schon ein täglicher fünf- bis zehnminütiger Lauf mit rund 10 km/h – das ist etwa die doppelte Geschwindigkeit eines Spaziergängers – genügt offenbar, die Gesamtmortalität im Vergleich zu Nichtläufern um knapp 30% (Hazard Ratio [HR] 0,72) und die kardiovaskuläre Mortalität um mehr als 50% (HR 0,42) zu senken.

Keine Ausreden mehr
Ausgerechnet hat diese Zahlen eine Forscherriege um den Kinesiologen Duck-chul Lee vom College of Human Sciences der Iowa State University in Ames, Iowa. Gegenüber den gängigen Empfehlungen, sich täglich 15–20 Minuten mit mäßiger Anstrengung körperlich zu betätigen, scheint die nun aufgestellte Hürde von fünf bis zehn Minuten relativ gemächlichen Trabens deutlich leichter überwindbar zu sein. Rechtfertigungen nach dem Schema „Das schaffe ich sowieso nicht“ büßen damit erheblich an Plausibilität ein.

Lee und seine Kollegen hatten die Lauf- und Sterbegewohnheiten von mehr als 55.000 Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 100 Jahren über 15 Jahre hinweg untersucht. Rund ein Viertel von ihnen waren als gewohnheitsmäßige Läufer zu bezeichnen. Im Vergleich zu notorischen Laufverweigerern lag die Gesamtsterblichkeit der Läufer um insgesamt 30% und die kardiovaskuläre Mortalität um 45% niedriger. Der Nutzen in puncto Lebenserwartung belief sich auf drei zusätzliche Jahre.
Egal wie weit, wie lange, wie schnell

Interessanterweise spielte es kaum eine Rolle, wie lange, wie schnell oder wie weit die Probanden liefen. Wichtig war nur, ob sie überhaupt die Laufschuhe schnürten und sich auf die Piste begaben. Es waren selbst dann noch lebensverlängernde Effekte festzustellen, wenn die Laufzeit weniger als 51 Minuten pro Woche betrug, die Laufstrecke kürzer als 10 km war, nur ein bis zweimal pro Woche gelaufen wurde, der Aktivitätsgrad 506 MET-Minuten unterschritt und die Laufgeschwindigkeit unter 10 km/h lag.

„Laufen ist mit deutlich reduziertem Sterberisiko verbunden, sogar dann, wenn man täglich nur fünf bis zehn Minuten mit einem Tempo von unter 10 km/h läuft“, resümieren Lee und Mitarbeiter. Sie meinen, diese Aussicht könne gesunde Couchbewohner motivieren, ihr Biotop wenigstens für kurze Zeit zu verlassen, ins Laufen zu verfallen und dieses Muster dann auch beizubehalten.