Sonntag, 26. Januar 2014

Fall 29 Blickdiagnose Der geblähte Bauch (Therapie)

Therapie:

Der Patient wird nach kurzzeitiger Optimierung auf der Intensivstation einer Operation zugeführt. Es besteht eine septische Situation bei Obturationsileus. Beim Absaugen der Lunge wird massiv stuhliges Sekret gewonnen.

Intraoperativ zeigt sich eine gedeckte Dünndarmperforation im linken Unterbauch mit Abszedierung in die Bauchdecke. Diese hat sich aufgrund einer Bride entwickelt. Es erfolgt die Segmentresektion mit Kontinuitätserhaltung sowie der primäre Wundverschluss.

Verlauf:

Postoperativ entwickelt der Patient Zeichen einer ausgedehnten Aspirationspneumonie. Er bleibt eine Woche intubiert und beatmet. Die Antibiose wird später dem Antibiogramm angepaßt. Nach 14 Tagen Intensistation kann der Patient auf eine Normalstation verlegt werden.


Donnerstag, 23. Januar 2014

Fall 29 Blickdiagnose: Der geblähte Bauch (Befunde)

Sie denken an einen Ileus und daran, dass das braune Sputum Stuhl sein kann!

Während Sie am Patienten stehen, können Sie einen Ultraschall durchführen. Der würde gebähte Darmschlingen mit Kokadenphänomen unde Pendelperistaltik zeigen

Zugang legen, Blutabnahme mit Blutgruppe und Konserven.

Danach legen Sie eine Magensonde: Diese produziert bei der Aspiration 1,3 l stuhliges Sekret.

Radiologisch findet sich dieser Befund:



Labor:

Leukos 25.000, CRP 256, Hb 12,4 g/dl, Krea 2,6, K 2,9, Na 130 mval/l, Bili 2,6, GOT/GPT/yGT 40-70


Was nun?





Sonntag, 19. Januar 2014

Fall 29 Blickdiagnose: Der geblähte Bauch

Zur Aufnahme gelangt ein 78-jähriger Patient aus einer Pflegereinrichtung. Die Einlieferung erfolgt mit dem RTW. Im Heim wäre eine seit 5 Tagen bestehende progrediente Zunahme des Leibesumfanges aufgefallen. Der Patient hätte zusätzlich "braunes Sputum" abgesetzt.



Notfallambulanz Ileus


Eigenanamnese:

Zn Sigmaresektion 2000 wegen Divertikelblutung und mehreren Folgeoperationen wegen Wundheilungsstörungen und Platzbauchsituationen bis 2003. Es verbieben zwei große Bachwandhernien. KHK mit ASS Medikation, bek Hypertonie.

Körperliche Untersuchung:

Klinisch imponiert das oben gezeigte Bild. Das Abdomen ist massiv gebläht. Der Patient erbricht 3 Nierenschalen stuhlig.
Es finden sich reizlose Narben in der Mittellinie und im rechten Unterbauch. Zusätzlich besteht eine pralle Weichteilschwellung im rechten Oberbauch und im linken Unterbauch. Über letzterer ist die Haut diffus gerötet und induriert. Diffuser Druckschmerz mit Abwehrspannung. Darmgeräusche nicht auskultierbar. Tympanitischer Klopfschall.

Wie ist Ihre Verdachtsdiagnose?
Was veranlassen Sie?

Mittwoch, 15. Januar 2014

Rauchen schadet der Gesundheit, vor allem postoperativ!

Bei Rauchern ist mit deutlich mehr postoperativen Komplikationen zu rechnen als bei Nichtrauchern. Das Spektrum reicht von Infektionen und Wundheilungsstörungen über neurologische Komplikationen bis zu Intensivaufenthalten.

Dass Tabakkonsum einzelne postoperative Ergebnisse negativ beeinflussen kann, ist vielfach gezeigt worden. Einen Überblick über alle zu erwartenden Komplikationen haben jetzt dänische Ärzte zusammengestellt. Sie werteten in einer Metaanalyse alle seit dem Jahr 2000 publizierten Studien aus, in denen postoperative Komplikationen bei Rauchern mit denen von Ex- oder Nichtrauchern verglichen worden waren. Die 107 Studien stammten größtenteils aus Europa oder den USA und umfassten Eingriffe an Bauch, Thorax, Brust, Kopf, Hals und in der Mundhöhle sowie aus der plastischen und Allgemeinchirurgie plus Transplantationen.

Morbidität mindestens um 50% erhöht
Erwartungsgemäß war bei den Rauchern nach der Op. die allgemeine Morbidität erhöht, und zwar um gut 52%, wenn alle Studien einbezogen wurden, und um 75%, wenn nur Studien berücksichtigt wurden, in denen eine Risikoadjustierung stattgefunden hatte. Wundkomplikationen traten bei qualmenden Patienten sogar mehr als doppelt so oft auf wie bei den tabakabstinenten (+115% bzw. +149%). Das Risiko für Infektionen jeglicher Art war, je nach Datenbasis, um 54% bzw. 105% erhöht. Bei den Lungenkomplikationen betrug die Risikosteigerung durchs Rauchen 73% bzw. 146%. Neurologische Komplikationen nahmen ebenfalls zu, und zwar um 38% bzw. 71%. Raucher mussten außerdem nach der Operation um 60% häufiger intensivmedizinisch behandelt werden als Nichtraucher.

Auf die postoperative Mortalität hatte der Tabakkonsum insgesamt keinen Einfluss. Allerdings ergab sich ein 30%iger Anstieg, wenn nur Studien mit bereinigtem Risiko ausgewertet wurden. Keine Unterschiede zwischen Rauchern und Nichtrauchern zeigten sich in Bezug auf kardiovaskuläre Komplikationen, Blutungen, Leckage von Anastomosen und Transplantatabstoßung.

Starkes Argument für den Rauchstopp
Welcher Art der durchgeführte Eingriff war, änderte nicht prinzipiell etwas an den beschriebenen Zusammenhängen. Allerdings war die aufs Rauchen zurückzuführende Zunahme der postoperativen Mortalität bei Transplantationen am höchsten. Dagegen bestand das größte Risiko für tabakbedingte Lungenkomplikationen offenbar bei bauchchirurgischen Eingriffen. Bei Operationen am Thorax wurden die allgemeine Morbidität und pneumologische Komplikationen besonders gefördert.

Für chirurgische Patienten lassen sich nach denAutoren 2 Empfehlungen ableiten:
  1. Sie sollten vor der Operation aufhören zu rauchen, um ihr Risiko für postoperative Komplikationen zu senken.
  2. Wenn ihnen das nicht gelingt, könnte es sinnvoll sein, den postoperativen Verlauf besonders sorgfältig zu beobachten, um etwaige Probleme frühzeitig zu entdecken.


Quelle:



Grønkjær M et al. Preoperative Smoking Status and Postoperative Complications. A Systematic Review and Meta-analysis. Ann Surg 2014; 259: 52–71

Sonntag, 12. Januar 2014

"Red flags": Was nützen sie noch bei Rückenschmerzen?

Möglicherweise bedürfen einige aktuelle Empfehlungen zur Rückenschmerzdiagnostik der dringenden Überarbeitung. Eine australische Studie ergab, dass sich nur die Faktoren Alter, lange Steroidtherapie, schweres Trauma und Kontusion oder Abrasion als aussagekräftiger Hinweis auf eine möglicherweise vorliegende Fraktur eignen. Als Warnsignal dafür, dass ein malignes Geschehen dem Kreuzschmerz zugrunde liegt, eignete sich lediglich der Screening-Faktor „Malignom in der Vorgeschichte“.

In den meisten Fällen ist ein Rückenschmerz unter „unspezifisch“ zu verbuchen und bedarf keiner aufwändigen Diagnostik. Dennoch steckt Schätzungen zufolge bei 1–4% der Rückenschmerzpatienten eine Wirbelkörperfraktur und bei weniger als 1% ein malignes Geschehen hinter den Beschwerden. Um keine dieser seltenen Ursachen zu übersehen, haben die Autoren fast aller Leitlinien zum Teil lange Listen mit Faktoren zusammengetragen („Red Flags“), bei deren Vorhandensein eine weiterführende Diagnostik angebracht ist. Einig ist man sich allerdings weder über die Art noch über die Wertigkeit der jeweiligen Faktoren. Aron Downie und Kollegen von der University of Sydney haben vermeintliche Risikofaktoren und deren Aussagekraft jetzt in einem systematischen Review von 14 Studien genauer angesehen.

Nur wenige Red Flags erfüllen ihren Zweck
Die Studien aus der Primärversorgung zeigten eine Prävalenz für Frakturen bei Rückenschmerzpatienten zwischen 1,8% und 4,3% und für maligne Geschehen zwischen 0,1% und 0,7%.In der Sekundär- und Tertiärversorgung ergab sich für Frakturen eine Quote von 2,9–9,1%. In einer Studie der Sekundärversorgung wurden bei 7% der Patienten  Malignome diagnostiziert, und in der Tertiärversorgung lag die Malignomprävalenz zwischen 1,5% und 5,9%.

Insgesamt wurde die Wertigkeit von 29 Red Flags für Frakturen und 24 für Malignome überprüft. Viele der in aktuellen Leitlinien aufgeführten Red Flags sind offenbar ungeeignet, um auf die Gefahr einer Fraktur oder eines malignen Geschehens hinzuweisen. Die höchste Vorhersagewahrscheinlichkeit für eine Wirbelkörperfraktur bei Patienten mit Rückenschmerzen fanden die australischen Autoren im Zusammenhang mit einem höheren Lebensalter (9%), einer längeren Kortikoidtherapie (33%), einem schweren Trauma (11%) sowie nach Kontusion oder im Falle einer Abrasion (62%). Mit dem Vorhandensein mehrerer Red Flags erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für die Frakturdiagnose auf bis zu 90%. Bei Patienten mit einem malignen Geschehen der Wirbelsäule war lediglich ein Malignom in der Vorgeschichte wegweisend. In diesem Fall erreichte Vorhersagewahrscheinlichkeit in der Primärversorgung durchschnittlich 7% und in der Notfallversorgung 33%.

Die europäische Leitlinie zum Management des chronischen nichtspezifischen Kreuzschmerzes führt zehn verschiedene Red Flags für Frakturen und Malignität auf. Doch auch von ihnen erwiesen sich lediglich der Krebs in der Vorgeschichte des Patienten bzw. die längere Steroidtherapie als aussagekräftige Warnsignale, die die Notwenigkeit einer weiterführenden Diagnostik anzeigen.

Fazit der Autoren
In den Ergebnissen der Studie sehen die Bemühungen der Autoren der Leitlinie des American College of Physicians bestätigt, die auf eine enger fokusierte Liste an Red Flags setzen. Folgt man den Kriterien der meisten aktuellen Leitlinien, dann findet sich bei 80% der Patienten in der Primärversorgung mindestens eine Red Flag, die eine weiterführende Diagnostik rechtfertigt. Dies bedeutet, dass sich fast alle Rückenschmerzpatienten einem bildgebenden Verfahren unterziehen sollten – genau das, was man bei unkompliziertem Kreuzschmerz eigentlich vermeiden wollte.


Quelle:

Mittwoch, 8. Januar 2014

Van Gogh: Vom Pinsellecken zur Bleivergiftung

Die exzentrische Persönlichkeit Vincent van Goghs (1853–1890) ist Legende und Anlass für dutzende Postmortem-Diagnosen. Eines scheint dabei außer Acht geblieben zu sein: van Goghs erhebliche Bleibelastung.
Nicht, dass man sich im 19. Jahrhundert nicht auch ungewollt eine Bleivergiftung zuziehen konnte. Das Schwermetall fand sich überall im täglichen Leben: Wein wurde mit Bleiweiß und Bleizucker geschönt, Blei war Bestandteil von Farben, Arzneimitteln, Tabak, Kohlestaub, von Wasser aus Bleirohren und anderem mehr. Vincent van Gogh tat jedoch etwas, was ihm zusätzlich schadete: Er aß Blei.

Er tat das bewusst, indem er die von ihm verwendeten bleihaltigen Farben aufnahm, etwa indem er die Pinselborsten mit den Lippen anspitzte oder mit Farbe überzogenen Pinsel am Stiel im Mund hielt. Er leckte seine farbverschmierten Hände ab. Und er trank Lampenöl. Das sei durch Zeitzeugen bestätigt, so Dr. Edward Weissman, Dozent für Innere Medizin an der University of Virginia, USA.
Weissman wundert sich darüber, dass mehr als 150 Ärzte, die sich im Laufe der Zeit mit der Pathografie van Goghs auseinandergesetzt haben, dessen Symptome auf fast 30 verschiedene, vor allem neurologisch-psychiatrische Diagnosen zurückgeführt haben. Übersehen haben sie nach Auffassung des Internisten jedoch, dass all die bekannt gewordenen Krankheitszeichen des Malers sich gut mit einer chronischen Bleiintoxikation und einer sich daraus entwickelnden Enzephalopathie erklären ließen. Diese würden manche psychopathologischen Erscheinungen bei van Gogh und schließlich auch den (angeblichen) Suizid begreiflich machen.

Freilich war van Gogh durch seine unglückliche Kindheit psychisch vorbelastet. Ein Jahr vor seiner Geburt war der Erstgeborene seiner Eltern, der Vater war Pfarrer, verstorben. Der tote Bruder trug ebenfalls den Vornamen Vincent. Als Kind musste van Gogh nach jeder Sonntagspredigt den Grabstein passieren, auf dem der gemeinsame Vorname stand. Die Mutter soll nie über den Verlust hinweg gekommen sein. Mit elf Jahren verlässt van Gogh das Elternhaus und besucht ein Internat.
Bereits als Kind galt Vincent van Gogh als Sonderling und Eigenbrötler. Beruflich scheiterte er vielfach, trotz vorhandener Intelligenz und guter Kenntnisse in vier Fremdsprachen, sei es als Kunsthändler, Lehrer oder Prediger. In einem Brief an seine künftige Frau charakterisierte sein jüngerer Bruder Theo van Gogh im Jahre 1889 den Älteren so: „Wie Du weißt, hat er seit langem mit allem, was man Konventionen nennt, gebrochen. Seine Art sich zu kleiden und seine Allüren lassen sofort erkennen, dass er ein besonderer Mensch ist, und seit Jahren sagt, wer seiner ansichtig wird: Das ist ein Verrückter.“ Theo finanzierte ihm das Leben, so gut es ging. Vincent „bezahlte“ Theo im Gegenzug mit Bildern, die sich zu Lebzeiten allerdings so gut wie nicht verkauften.
Daher hatte Vincent van Gogh nie Geld, hungerte oft, litt häufig an Symptomen der Unterernährung sowie Abdominalbeschwerden. Das hatte Auswirkungen auf sein Äußeres. Die Umgebung nahm ihn teilweise als geradezu geisterhafte Erscheinung wahr. Aus Briefen, beginnend 1882, lassen sich nach Weissmans Angaben folgende Symptome ableiten: schlechte Blutzirkulation, Depressionen und Suizidgedanken, Magenbeschwerden, Entkräftung, Fatigue, Gedächtnisprobleme, Geistesabwesenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Nervosität, Reiz- und Übererregbarkeit, ein Gefühl, dem Irrsinn nahe zu sein, Fieber, Essen von Schmutz, geringes sexuelles Interesse, Schlaflosigkeit, Alpträume, Hyperaktivität, Ohnmachten, Kälteintoleranz, Peridontitis und Zahnausfall, Schwäche der Hand und anderes mehr.

Eisenmangel durch Brot verstärkt
Van Gogh hat mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Eisenmangelanämie gelitten, verstärkt durch den beständigen Brotkonsum: Weizenbrot enthält Phytate mit komplexbildenden Eigenschaften, die die Resorption einiger Mineralien und von Eisen unterbinden. „Viele Patienten mit Eisendefizit entwickeln ein Pica-Syndrom“, so Weissman. Bei dieser Essstörung nehmen die Patienten ungenießbare Dinge zu sich wie Abfall, Sand oder Steine. Bei van Gogh waren es Farbe und Lampenöl, die die „übliche“ Bleiingestion aus Alkoholika, aus dem Tabak (er war ein exzessiver Raucher) oder dem Einatmen von Kohlenstaub noch verstärkten. Zwar hat bereits Hippokrates Bleikoliken beschrieben. Aber selbst heute ist die klinische Diagnose einer Bleiintoxikation (Saturnismus) schwierig, da die Symptome uncharakteristisch sind, teilweise sogar fehlen.
Blei-Enzephalopathie und Radialislähmung

Blei hemmt die Hämsynthese und addierte sich bei van Gogh zur bereits bestehenden Eisenmangelanämie. Die kontinuierliche Akkumulation von Blei im Körper führte schließlich zu einer peripheren Neuropathie, wahrscheinlich mit Radialislähmung — das Halten des Pinsels wurde problematisch. Die verminderte visuell-motorische Koordination erklärt nach Weissmans Ansicht den veränderten Pinselstrich und andere Defizite, die späte Bilder van Goghs im Vergleich zu frühen Werken auszeichneten. Manche Auffälligkeiten, wie etwa die zeitweise künstlerische Hyperaktivität van Goghs oder die Neigung zu selbstverletzendem Verhalten (etwa indem er seine Hand in eine Flamme hielt, womöglich auch die bekannte Ohrverletzung), könnten ebenfalls mit der Blei-Enzephalopathie in Verbindung stehen.

Von Kindern erschossen?
Der Tod durch Bleiintoxikation kommt selten vor, ist bei Malern aber beschrieben worden (August Haake, Candido Portinari). Van Gogh ist zwei Tage nach einer Schussverletzung in die Brust gestorben. Neue Erkenntnisse haben Zweifel an einem Suizid aufkommen lassen. Womöglich handelte es sich um eine versehentliche Verletzung durch mit einer Pistole spielende Kinder. Der Maler wollte, folgt man dieser Hypothese, die Kinder decken und nahm seinen Tod billigend in Kauf.




J Med Biograph 2008, 16: 109–117; BBC News, 17.10.2011; Wikipedia (Stand 14.01.2013); Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM); Mutschler Arzneimittelwirkungen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008