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Freitag, 30. Mai 2014
Dienstag, 27. Mai 2014
Fall 34: Die schmerzlose Hodenschwellung
Am Samstag, 16.00, betritt ein 41-jähriger Mann die Ambulanz. Er käme auf Drängen seiner Frau, die bei ihm einen vergrößerten Hoden bemerkt habe. Der Mann selbst negiert zunächst, doch gibt dann an, dass die Schwellung seit Monaten bestanden hätte und langsam an Größe zugenommen hätte. Allgemeinsymptome oder Schmerzen bestünden nicht.
Eigenanamnese:
Es werden keine Vorerkrankungen, OPs oder Nebenerkrankungen angegeben. Größe 176 cm, Gewicht 70 kg konstant.
Befund:
DerPatient ist in gutem Allgemeinzustand, pyknischer Typ. Am Hoden tastet sich eine derbe Resistenz von ca. 4cm mit Induration des Samenstranges. Die Gegenseite ist unauffällig. Beide Beine weisen geringe Stauungsödeme auf.
Sonografie:
Lesen Sie auch Fall 28:
https://www.blogger.com/blogger.g?blogID=1713222409190798349#editor/target=post;postID=1602042026434665582;onPublishedMenu=posts;onClosedMenu=posts;postNum=37;src=postname
Donnerstag, 22. Mai 2014
Fett mit 20 - Kunstknie mit 60!
Dass eine starke Gewichtszunahme in jungen Jahren auf die
Gelenke geht, diese langfristig sogar zerstören kann, hatten die
norwegischen Forscher bereits am Beispiel des Hüftgelenks gezeigt. Jetzt
erbrachten Hilde Apold vom Telemark Hospital in Skien und ihre Kollegen
den entsprechenden Beweis auch für das Knie.
105.190
Männer und 120.718 Frauen hatten an der prospektiven Studie
teilgenommen. Ein erstes Gewichts- bzw. BMI-Screening erfolgte im Alter
von durchschnittlich 26,2 Jahren, zum zweiten Mal wurden die
Untersuchungen mit durchschnittlich 44,4 Jahren durchgeführt. Ab einem
Alter von etwa 51 Jahren wurde beobachtet, ob sich eine schwere
Gonarthrose einstellte, die den Totalersatz des Kniegelenks erforderlich
machte. Zum Ende des 12-jährigen Follow-up waren die Teilnehmer
durchschnittlich 62,3 Jahre alt (SD 8,4).
Wer am stärksten zulegt, hat das größte Risiko
1591
Personen hatten bis zu diesem Zeitpunkt ein Kunstknie erhalten. Die
Forscher teilten die Patienten gemäß ihrer jährlichen BMI-Zunahme
zwischen den beiden Screenings in Quartilen ein. Sowohl Männer als auch Frauen in der höchsten
Quartile, d. h. mit einer jährlichen BMI-Zunahme von mehr als 0,21
(Männer) bzw. mehr als 0,18 (Frauen) hatten das höchste Risiko, einen
Gelenkersatz zu erhalten. Im Vergleich zur niedrigsten Quartile
(BMI-Zunahme < 0,03 bzw. < - 0,01) nahm dieses Risiko bei den
Männern um 49% zu, bei den Frauen um über 50%.
Der
Risikoanstieg war umso größer, je stärker die Teilnehmer zugelegt
hatten: Für jede BMI-Steigerung um 0,1 und für jede Gewichtszunahme um 5
kg stieg das Risiko für ein künstliches Gelenk bei den Männern um den
Faktor 1,11 (RR). Für die Frauen war der Effekt noch deutlicher, hier
nahm das Risiko um den Faktor 1,18 bzw. 1,22 zu.
Riskante Gewichtszunahme in jungen Jahren
Als
besonders riskant für beide Geschlechter erwies sich eine
Gewichtszunahme in jüngerem Alter. So ergab
sich für 17- bis 20-Jährige pro 5 Kilo Gewichtszunahme ein Risikoanstieg
um 26% bei den Männern, und um 43% bei den Frauen. Bei den 21- bis
40-Jährigen lagen die Risikozuwächse bei 13% (Männer) bzw. 24% (Frauen).
Jenseits der 40 verlor sich bei beiden Geschlechtern der Zusammenhang.
Je
länger überschüssige Pfunde auf dem Kniegelenk lasten, desto höher ist
das Risiko einer späteren Arthrose. Zudem
sei der Knorpel bei jüngeren Menschen noch empfänglicher für Schäden
durch Belastung. Reguläre Belastung habe zwar
einen positiven Effekt auf die Knorpelreifung; allerdings gebe es bei
der Anpassungsfähigkeit des Gewebes wohl auch Grenzen. Die Ergebnisse
deuten an, dass man mit Maßnahmen zum
Gewichtsmanagement bereits in jungen Jahren der Entwicklung einer
schweren Kniearthrose im Alter vorbeugen kann.
Montag, 19. Mai 2014
Fall 33: Das verletzte Kind mit Borderline Syndrom
Sie vermuten auf eine Patientin mit selbstverletzendem Verhalten (Borderline Syndrom)
Definition:
Die
Krankheit Borderline-Störung ist eine Persönlichkeitsstörung. Man nimmt an, daß
belastende Ereignisse gepaart mit einer ungünstigen Veranlagung dazu führen
können, dass sich eine negative Entwicklung der Persönlichkeit bildet. Im Falle
von Borderline leidet der Patient neben seiner Umwelt auch an sich selbst. Die
Entstehung ist multifaktoriell. So werden Faktoren anerkannt, die das genetisch
bedingte Temperament betreffen, Umweltfaktoren, z.B. Erfahrungen und Traumata,
sowie neurologische oder biochemische Störungen.
Merkmale:
Die
für eine Borderline-Störung typischen Verhaltensweisen mit selbstgefährdendem
Verhalten bilden sich schon in der Kindheit heraus. Leider wird eine Diagnose
der Borderline-Störung meist erst im Jugendalter durchgeführt, da im
Kindesalter auch "normale" Entwicklungsstadien ein ähnliches Bild wie
eine Borderline-Störung hervorrufen können.
Verlauf:
Der
Verlauf der Borderline-Störungen ist meist chronisch: Der Patient ist anhaltend
instabil, zudem kommt es immer wieder zu Phasen des emotionellen
Kontrollverlustes.
Im
fortgeschrittenen Alter nimmt die Borderline-Störung meist ab, viele der
Betroffenen sind ab dem 3. oder 4. Lebensjahrzehnt meist so stabil, daß die
Störung nach außen hin kaum noch wahrgenommen wird. Dies erleichtert besonders
das Familienleben und soziale Kontakte wie zum Beispiel am Arbeitsplatz.
Chirurgische Bedeutung:
Aus
chirurgischer Sicht sehen wir besonders häufig artefiziell beigebrachte
Verletzungen. Diese sind in der Regel nicht schwerwiegend, jedoch multipel.
Typisch sind die oberflächlichen „Probierschnitte“. Sie sind Hauptmerkmal der
Borderliner
Es
gibt verschiedene Varianten, die besonders häufig vorkommen:
- Typisch sind Schnitte durch Messer, Scherben, Rasierklingen oder andere scharfe Gegenstände. Dabei reicht die Tiefe der Wunden von "nur" oberflächlich bis zu wirklich tief.
- Zufügen von Wunden durch Kratzen bzw. das immer wieder von neuem Aufkratzen alter Wunden
- Fingernägel abreißen oder abbeißen bis zum Nagelbett
- Das Ausreißen der Haare am Körper
- Das Schlagen mit dem Kopf an Wände oder auf Tische
- Das Schlucken von Medikamenten oder auch Chemikalien, wie z.B. Spülmittel
- Auspowern des Körpers durch Sport bis zur totalen Kraftlosigkeit
- Hungern bis zum Zusammenbruch
- Sich selbst schlagen
Therapie:
Neben
der primären Wundversorgung ist die Frage nach dem Bekanntheitsgrad der Störung
wichtig. Aus meiner Erfahrung ist die Weiterleitung in einen psychiatrischen
Dienst zur Frage der Notwendigkeit einer Krisenintervention hilfreich. Angehörige
von Kindern sollten befragt werden, ob eine Störung bekannt ist oder schon
behandelt wird. Häufig ist das Eltern/ Kindverhältnis zerrüttet oder Auslöser
der Krise, so dass eine therapeutische Intervention sinnvoll ist.
Sonntag, 18. Mai 2014
Donnerstag, 15. Mai 2014
Irrtümer in der Diagnostik der Lyme Borreliose!
Falsche Vorstellungen über
Verlauf und Nachweisbarkeit der Lyme-Borreliose sorgen für Fehldiagnosen und
Übertherapie. Experten des US-Institute of Medicine haben deswegen
zusammengefasst, was wissenschaftlich wirklich belegt ist.
Das unabhängige wissenschaftliche
Institute of Medicine (IOM) äußert sich „besorgt“ über „die weite Verbreitung
von falschen Vorstellungen und Missverständnissen“ in Bezug auf die Infektion
mit Borrelia burgdorferi. Als besonders problematisch erachten die Experten,
dass manche Ärzte zur klinischen Diagnose auch andere Symptome als das Erythema
migrans heranziehen und die Serologie wegen „fehlender Aussagekraft“ außer Acht
lassen. Dadurch lässt sich die Liste der klinischen Störungen, die der
Borreliose zugeordnet werden, beliebig erweitern, warnen Halperin und seine
Kollegen vom IOM. Die häufigsten Irrtümer in Bezug auf die Borreliose sowie die
entsprechende evidenzbasierte Datenlage sind:
Irrtum Nr. 1:
„Bluttests sind unzuverlässig, viele Patienten sind trotz einer
Borreliose seronegativ.“
Weil sich die Immunantwort gegen die Borrelien langsam aufbaut, fallen
IgG-Antikörper-Tests in den ersten vier bis sechs Wochen tatsächlich oft
negativ aus. In späteren Stadien einer Borreliose besteht jedoch, wenn
überhaupt, nur äußerst selten Seronegativität. Daher ist bei seronegativen
Patienten mit Symptomen, die seit mehr als einem Monat bestehen, eine
Borreliosetherapie normalerweise nicht zu rechtfertigen.
Irrtum Nr. 2:
„Bei manchen Patienten mit monatelanger Erkrankung sind nur
IgM-Antikörper gegen Borrelien nachweisbar.“
Patienten mit einer
Krankheitsdauer von mehr als vier bis sechs Wochen sollten IgG-positiv sein.
Der Befund von isoliertem IgM in solchen Patienten ist fast immer falsch
positiv. Tests auf spezifisches IgM sollten überhaupt nur in der Frühphase der
Erkrankung verwendet werden.
Irrtum Nr. 3:
„Positive Antikörper-Tests nach antibiotischer Therapie zeigen an, dass
nicht ausreichend behandelt wurde.“
Eine Persistenz der humoralen
Immunantwort nach dem Abklingen einer Infektion ist normal und kein Zeichen für
ein Fortbestehen der Infektion. Bei Patienten mit starker IgG- oder
IgM-Reaktion können das Serum und sogar der Liquor selbst nach Jahrzehnten noch
seropositiv sein. (Die langjährige Seropositivität kann bei älteren Personen in
Hochrisiko-Gebieten zum diagnostischen Problem werden: Bei akuten Symptomen
muss immer hinterfragt werden, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang mit dem
erhöhten Antikörper-Spiegel besteht.)
Irrtum Nr. 4:
„Nach einer Antibiotikatherapie (wegen einer anderen Infektion) können
Bluttests negativ ausfallen.“
Es gibt keinerlei Hinweise, dass
eine bestehende Antikörper-Antwort durch eine nicht kurative Antibiotikagabe
supprimiert wird. Und selbst nach einer wirksamen Frühtherapie auf der Basis
eines Wandererythems kommt es bei den meisten Patienten noch zur
Serokonversion.
Irrtum Nr. 5:
„Die Lyme-Borreliose ist eine klinische Diagnose, die auf der Basis
verschiedener Symptome zu stellen ist.“
Es gibt nur ein einziges Symptom,
das in Endemiegebieten eine so hohe Spezifität aufweist, dass keine
Labordiagnostik erforderlich ist – und das ist das Erythema migrans. Eine
beidseitige Lähmung des Gesichtsnervs ist zwar zu 96% mit einer Borreliose
assoziiert, trotzdem ist eine serologische Bestätigung anzuraten. Bei anderen
Symptomen wie radikulären Schmerzen ohne mechanische Ursache oder
wiederkehrender Oligoarthritis der großen Gelenke ist das Labor unverzichtbar.
Eine Diagnosestellung aufgrund noch weniger spezifischer Symptome wie
Kopfschmerzen, Fatigue und kognitiven Schwierigkeiten ist laut IOM-Publikation
„untragbar“. Selbst unter der Annahme, dass jeder zweite Borreliose-Patient
kognitive Probleme entwickelt, hätte dieses Kriterium einen positiven
Vorhersagewert unter 1%.
Irrtum Nr. 6:
„Patienten mit Fatigue und Gedächtnisproblemen haben eine Borrelieninfektion
des zentralen Nervensystems.“
Bei ungefähr 10% der Patienten mit B.-burgdorferi-Infektion kommt es zu einer ZNS-Beteiligung, meistens einer Meningitis. Unabhängig davon entwickeln manche Patienten mit aktiver Borreliose Fatigue und/oder Probleme mit Gedächtnis und Kognition. Dahinter steckt keine ZNS-Infektion, vielmehr handelt es sich um eine metabolische Enzephalopathie. Sie ist auch bei anderen Infektionen zu beobachten und wahrscheinlich auf neuroaktive Effekte von löslichen Immunmodulatoren zurückzuführen.
Irrtum Nr. 7:
„Eine Borreliose kann tödlich sein.“
Eine Borreliose kann zwar das
Herz oder das Gehirn schädigen, ein tödlicher Verlauf ist nach den vorliegenden
Daten trotzdem extrem unwahrscheinlich.
Irrtum Nr. 8:
„Wenn die Symptome nach einer Antibiotikatherapie fortbestehen, muss
länger behandelt werden.“
Eine Nachbehandlung ist höchstens
gelegentlich notwendig – in aller Regel ist eine Antibiotikatherapie von zwei
bis vier Wochen ausreichend. In kontrollierten Studien hat eine längere
Therapie auch bei anhaltenden Symptomen keinen Zusatznutzen erbracht.
Irrtum Nr. 9:
„Wenn es unter der Therapie zu einer schnellen Besserung der Symptome
kommt, beweist dies die Richtigkeit der Diagnose auch bei negativer Serologie.“
Eine Besserung der Symptome kann
auch auf das Abklingen einer anderen Infektion, auf einen Placeboeffekt der
Behandlung oder auf andere nicht antimikrobielle Wirkungen der Antibiotika
zurückgehen. Genauso wenig wie nach der Behandlung persistierende Symptome
gegen die Diagnose sprechen, kann die Besserung unspezifischer oder
neurologischer Symptome als Beweis dafür angeführt werden.
Mehr zu Zecken Borreliose lesen Sie hier:
Mittwoch, 14. Mai 2014
Längere Antibiose nach perforierter Appendicitis nutzlos
Die postoperative
Antibiotikatherapie über fünf Tage schützt Erwachsene mit perforierter
Appendix offenbar nicht besser vor einer Infektion als eine dreitägige
Behandlung. Zu diesem Ergebnis kam eine retrospektive niederländische
Studie, die die beiden präventiven Strategien miteinander verglich.
Eine verlängerte Antibiotikagabe nach der Appendektomie bei
Patienten mit komplizierter Appendizitis soll das Risiko für
postoperative Infektionen verringern. Die Autoren untersuchten, ob statt der häufig
üblichen fünf Tage postoperativer Antibiotikatherapie bei
Risikopatienten auch drei Tage genügen. Amerikanische Leitlinien
empfehlen in diesen Fällen derzeit eine Behandlung über vier bis sieben
Tage. Bei Kindern konnte bereits kein zusätzlicher Nutzen einer
Antibiotikagabe über fünf Tage hinaus nachgewiesen werden, für
Erwachsene ist die Datenlage bislang allerdings dünn.
In
einer Kohortenstudie verglichen die Chirurgen deshalb die Daten
erwachsener Patienten, die sich in einer von zwei Kliniken der gleichen
Region zwischen Januar 2004 und Dezember 2010 einer operativen oder
laparoskopischen Appendektomie unterzogen hatten. In der einen Klinik
erhielten die frisch operierten Risikopatienten zusätzlich über drei
Tage Antibiotika, in der anderen über fünf Tage. Primärer Endpunkt der
Studie war das Auftreten postoperativer oberflächlicher Wundinfektionen
oder intraabdominaler Infektionen.
Im
Untersuchungszeitraum wurden in den beiden Kliniken insgesamt 1143
Patienten wegen einer akuten Appendizitis operiert (655 offen, 488
laparoskopisch). Alle Patienten erhielten vor Beginn der Anästhesie
einmalig 1000 mg Cefamandol und 500 mg Metronidazol als
Infektionsprophylaxe i.v. 3,1% aller appendektomierten Patienten
entwickelten einen intraabdominalen Abszess, 2,0% eine Wundinfektion.
Bei
267 der Probanden lag eine komplizierte Appendizitis (perforiert oder
mit purulenter Peritonitis) vor. Diese Patienten erhielten Cefuroxim
(750 mg 3 x tgl.) und Metronidazol (500 mg 3 x tgl.) intravenös, und
zwar 135 von ihnen über drei Tage und 123 Patienten über mindestens fünf
Tage. 7,9% der Patienten mit verlängerter Antibiotikatherapie wegen
komplizierter Appendizitis entwickelten einen intraabdominalen Abszess,
fast immer infolge einer Perforation, 3,4% eine Wundinfektion.
Zwischen
den Patienten der beiden Gruppen mit unterschiedlicher Behandlungsdauer
konnte kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der
Infektionshäufigkeit festgestellt werden. In
der univariaten Auswertung entwickelten mehr Patienten mit
komplizierter Appendizitis nach laparoskopischer Appendektomie einen
intraabdominalen Abszess als nach offener Op. In der multivariaten
Analyse konnte die Methode allerdings nicht als unabhängiger
Risikofaktor bestätigt werden.
Mehr:
Van Rossem CC et al. Duration of antibiotic treatment after appendicectomy for acute complicated appendicitis. Br J Surg 2014; online 26. März; doi: 10.1002/bjs.9481
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