Laterale
Mittelgesichtsfrakturen zählen zu den häufigsten knöchernen Verletzungen des
Gesichtsschädels. Darunter versteht man überwiegend Frakturen, die den Jochbeinkörper
und/oder den Jochbogen betreffen. Bei Frakturen des Jochbeinkörpers (Tripodfrakturen) ist in der
Regel die Orbita oder die Kieferhöhle mitbeteiligt, so dass insbesondere die
Funktionen des N.opticus, des N. infraorbitalis und der angrenzenden
Augenmuskulatur beachtet werden müssen.
Symptome:
- Knochenstufen, Monokelhämatom, Sensible und/oder motorische
- Funktionsstörungen, Augenmotilitätsstörung (Doppelbildsehen), Bulbusdislokation,
- Ekchymosis, Hyposphagma, Visusverschlechterung, Gesichtsdeformität,
- Unterkieferfunktionsstörung (Kieferklemme oder Kiefersperre), Subkutanes
- Emphysem, Nasenbluten, Gesichtsweichteilverletzung.
Diagnostik:
Oft gibt der
Unfallhergang Aufschluss über das Ausmaß der Verletzung. Die schließt bei nicht
ansprechbaren Personen die Ereignisbezogene Fremdanamnese ein. Bei der
körperlichen Untersuchung achtet man auf:
- Inspektion (Symmetrieveränderungen, sichtbare Knochenstrukturen, Okklusionsstörungen)
- Palpation (Knöcherne Stufen, pathologische Beweglichkeit, Krepitation)
- Funktionsüberprüfungen:
- Aktive und / oder passive Mundöffnung,
- Orientierende Motilitätsüberprüfung der Augenmuskeln (6 diagnostische Blickrichtungen)
- Orientierende neurologische Funktionsüberprüfungen (in jedem Fall N. infraorbitalis)
- Augenärztliche Untersuchung bei Orbitabeiligung
- Zweidimensionale radiologische Bildgebung in zwei senkrecht zueinander stehenden Ebenen oder dreidimensionale Bildgebung: Computertomographie (CT) und/oder DVT (CBCT)
Weiterführende
Untersuchungen
- MRT
- Ultraschallgestützte Frakturdiagnostik
- Endonasale Endoskopie
- Intraoperative Schichtbildgebung (CT / CBCT)
- Computergestützte Simulation und Operationsplanung (CAD/CAM)
- Bei geplanter Navigation ggf. präoperative Schichtbildgebung mit festen
- Navigationsmarkern
Therapie:
Neben dem Erhalt der
Augenfunktion in Bezug auf Sehschärfe und Motilität stehen die symmetrische
Rekonstruktion der anatomischen Form des Gesichtes in sagittaler, vertikaler
und transversaler Dimension, eine uneingeschränkte aktive und passive Mobilität
des Unterkiefers sowie der Erhalt des angrenzenden sensiblen Nerven (N.
infraorbitalis) im Vordergrund.
Bei einer
Primärversorgung sollte nach Möglichkeit eine durch frakturbedingte
Volumenveränderung des Orbitatrichters verursachte Bulbusfehlstellung
korrigiert werden.
Die konservative
Therapie kann erfolgen bei nicht dislozierter oder diskreter Dislokation der
Fraktur ohne Funktionsbeeinträchtigung von Nachbarstrukturen. Sie kann auch erforderlich
werden bei Vorliegen von anästhesiologischen und/oder allgemeinmedizinischen
Kontraindikationen gegen eine Operation.
- Verlaufsbeobachtung
- Physikalische und medikamentöse Maßnahmen (Kühlen, abschwellende
- Nasentropfen, Schneuzverbot)
- Funktionelle Entlastung durch weiche Kost
Operative
Therapie
Eine offene
chirurgische Frakturversorgung mit Osteosynthese sollte bei dislozierten bzw.
geschlossen nicht reponierbaren Frakturen, motorischen Funktionseinschränkungen
der Augenmuskulatur und/oder Sensibilitätsstörung des zweiten Trigeminusastes
erfolgen. Wegen der raschen knöchernen
Konsolidierung von Mittelgesichtsfrakturen wird eine operative Versorgung
innerhalb von 7 bis 14 Tagen, spätestens 21 Tage nach Trauma empfohlen. Die
Empfehlungen zum Zeitpunkt der operativen Versorgung variieren abhängig vom
Grad der Weichteilschwellung und der klinischen Symptomatik zwischen
Sofortversorgung und verzögerter Versorgung nach Abschwellung.
- Manuelle Frakturreposition
- Frakturreposition und osteosynthetische Fixation
- Orbitabodenrevision und gegebenenfalls Rekonstruktion
Die alleinige
geschlossene Reposition mit einem transkutan gesetzten Instrument kann
erfolgreich sein bei:
1.) isolierten
Jochbogenfrakturen (z.B. „M" - förmige Dislokation)
2.) Jochbeinfrakturen
mit intraoperativ stabilem Verkeilen der Fragmente nach initialer
Hakenzugreposition, typischerweise bei einer inkompletten Fraktur der Sutura
zygomaticofrontalis.
Ergänzende Maßnahmen:
- Schmerztherapie, Kühlung
- Bedarfsweise Nasennebenhöhlentherapie
- Eine Antibiotikagabe (Prophylaxe oder Therapie) soll bei offenen Frakturen erfolgen.
- Bei geschlossenen Frakturen und deren operativer Reposition ergibt sich kein Vorteil.
- Individuelle Jochbogenprotektoren
- Individuelle Jochbeinprotektoren (Gesichtsmaske)