Die Inzidenz, an einer Plantarfasziitis, auch „Fersensporn“ genannt,
zu erkranken, beträgt für jeden Deutschen 10%. Sie ist i.d.R. selbstlimitierend: In 80 bis 90% der Fälle gehen die
Beschwerden unabhängig von der Therapie innerhalb eines Jahres zurück. Der Verlauf kann sehr schmerzhaft sein und die Geduld der Patienten überfordern. Therapieformen gibt es viele, benötigen mitunter jedoch Zeit. Daher drängen viele Patiente auch auf invasive Therapien.
Der australische
Sportmediziner John Orchard von der Universität Sydney empfiehlt die
frühzeitige Therapie, um die Patienten aktiv zu halten.Er zieht eine
Injektionstherapie erst bei Versagen der First-line Empfehlungen in Betracht, z.B. nach Gewichtsreduktion, Kühlen, Schonen, Schuheinlagen, physiotherapeutische Maßnahmen und eine systemische
Therapie mit Kortikosteroiden. Injektionstherapien werden mit Kortikosteroiden, NSAR, Botulinumtoxin A, plättchenreichem Plasma
(PRP), humaner dehydrierter Amnion- oder Chorionmembran oder als
(Schein-)Akupunktur durchgeführt. Zur Bewertung dieser Maßnahmen bei der Indikation
„Plantarfasziitis“ mangelt es jedoch vielfach an Studien mit hoher
Qualität.
Die
Ergebnisse aus 22 randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) hat ein
unabhängiges Team aus Griechenland und der Schweiz zusammengetragen. Die
systematische Literaturübersicht mit Netzwerk-Metaanalyse beinhaltet
Daten zu 1216 Patienten, die wegen ihrer Plantarfasziitis eine von elf
verschiedenen Injektionstherapien erhalten hatten. All diese Maßnahmen
wurden nach der Netzwerkmethode einander gegenübergestellt.
Zu
Beurteilung der kurzfristigen Schmerzlinderung (bis zu zwei Monate nach
Therapiebeginn) konnten insgesamt 18 RCTs mit 1009 Patienten
herangezogen werden. Dabei waren zur Kortikosteroidtherapie die meisten
Daten verfügbar; sie lieferten einen Anteil von 15% am Datensatz. Wie
Konstantin Tsikopoulos (Thessaloniki) und sein Team berichten, waren
Injektionen mit dehydrierter Amnionmembran, PRP oder Botulinumtoxin A
einer Injektionstherapie mit Kortikosteroiden jeweils signifikant
überlegen.
Die
Amnionmembraninjektion für sich genommen schien alle anderen Methoden in
puncto kurzfristige Schmerzlinderung deutlich zu schlagen. Allerdings
hatten die Forscher lediglich eine einzige Studie hierzu berücksichtigt.
Eine
kurzfristige Besserung der Funktionalität wurde vor allem mit
Botulinumtoxin erzielt (vier Studien mit insgesamt 180 Teilnehmern
lieferten hierfür die Grundlage).
Wie
es nach zwei bis sechs Monaten mit den Schmerzen aussah, leiteten die
Forscher aus 15 Studien mit insgesamt 800 Teilnehmern ab. Hier lag die
Injektion mit Botulinumtoxin deutlich vorn. Dagegen fand sich weder für
die funktionelle Verbesserung noch für die Lebensqualität irgendein
Spitzenreiter.
Nur in zwei RCTs waren die
Patienten länger als sechs Monate (bis zu zwei Jahren) nach
Therapiebeginn nachbeobachtet worden. In puncto Schmerzen (n = 82)
zeichnete sich nach einem Jahr kein nennenswerter Unterschied zwischen
NSAR- auf der einen und Kortikosteroid-Injektionen auf der anderen Seite
ab. Auch PRP und eine Sklerosierungstherapie mit Dextrose lieferten
nach 28 Wochen in etwa gleichwertige Ergebnisse.
Schwere
Nebenwirkungen wurden mit keiner der verglichenen Therapien berichtet.
Die häufigste Nebenwirkung bestand in geringgradigen Schmerzen kurz nach
der Injektion. Zwischen dem fünften und achten Tag berichteten acht
Patienten, die eine Akupunktur erhalten hatten, und einer, der zum
Schein akupunktiert worden war, über leichte Nebenwirkungen wie eine
vorübergehende Verschlechterung der Beschwerden. Ebensolches wurde für
zwei Patienten nach Injektion einer Salzlösung und für einen nach
Botulinumtoxin-Injektion berichtet.
Nach
Tsikopoulos und Kollegen sind die positiven Ergebnisse zur dehydrierten
Amnionmembran zwar vielversprechend; aufgrund der unzureichenden
Datenlage vor allem im mittel- und längerfristigen Bereich halten sich
die Autoren jedoch mit einer Empfehlung zurück. Anders bei
Botulinumtoxin A: Mit dieser Substanz, so die Forscher, hätten die
behandelten Patienten die vergleichsweise besten Chancen auf eine
Besserung ihrer Schmerzen in einem Zeitfenster bis zu einem halben Jahr.
Die Ergebnisse seien auch nach Herausrechnen von Verzerrungsrisiken
robust geblieben.
Wenngleich
die Methode der Netzwerkanalyse ihre Mängel hat, ist doch das Konzept
der Botulinumtoxin-Therapie im Zusammenhang mit der Plantarfasziitis
plausibel: So rührt der Fersenschmerz primär von einer Enthesiopathie an
der Befestigungsstelle der Plantarsehne am Calcaneus her. An der
Pathologie beteiligt ist jedoch möglicherweise auch eine Tendinopathie
des unter der Plantarfaszie gelegenen M. flexor digitorum brevis.
Botulinumtoxin führt, an der richtigen Stelle injiziert, zur Relaxierung
dieses Muskels. Damit bewirkt man, dass die Entzündung abklingen kann.