Diskussion:
Rippenfrakturen gelten mit
etwa 80% als ein häufiger Befund beim stumpfen Thoraxtrauma. In 85% der Fälle sind
mehrere, in lediglich 15% nur eine Rippe betroffen. In bis zu 30% findet sich ein bilateraler Befund[i].
Am häufigsten sind die Rippen V bis XI betroffen, seltener die oberen beiden
Rippen, die durch den Schultergürtel mit
seinem Muskelmantel geschützt sind. Frakturen der oberen Rippen weisen i.d.R.
auf eine starke Gewalteinwirkung hin. Jede Rippenfraktur geht mit einem Blutverlust
von etwa 150 ml einher[ii].
Im Kinder- und Jugendalter sind Rippen elastischer und brechen weniger häufig.
Dennoch schließen fehlende Rippenfrakturen ein größeres Trauma nicht aus!
Beachte
·
Patienten
mit Rippenfrakturen nach stumpfem Thoraxtrauma und Schock ohne Hämato- oder Pneumothorax müssen an intraabdominelle
Blutungsquelle denken lassen.
·
Brustbeinverletzungen
sind immer ein Indiz für ein schweres Trauma und müssen an mögliche Begleitverletzung von Herz und großen Gefäßen
denken lassen.
Diagnose:
Im Zusammenhang mit Thoraxverletzungen sind insbesondere Milzläsionen gefürchtet, da sie zweizeitig auftreten und sich der Primärdiagnostik entziehen können. Der erste Hinweis auf das Vorliegen einer Milzruptur ergibt sich oft schon aus der Anamnese:
Labor:
Hämoglobin, Erythrozytenzahl, Hämatokrit zur
Abschätzung des Blutverlustes. Die Blutgasanalyse gibt Auskunft über die
Sauerstoffsättigung des Blutes und zeigt gegebenenfalls bei zunehmendem Schock
eine Übersäuerung des Blutes (Azidose). Im Blutbild zeigt sich bei Milzrupturen
regelhaft eine hochgradige Steigerung der Leukozytenzahl), im Labor die übrigen
Organfunktionen (Niere, Leber etc.).
Sonographie:
Nachweis von freier
Flüssigkeit und gröbere Parenchymverletzungen der Milz oder große subkapsuläre
Hämatome. Bei unauffälligem Befund aber klinisch weiter bestehendem Verdacht
muss die Untersuchung engmaschig wiederholt werden, um eine zweizeitige Ruptur
oder ein zunehmendes Kapselhämatom nicht zu übersehen.
Röntgenaufnahmen des
Thorax und des Abdomens zum Ausschluss weiterer Verletzungen (beispielsweise
Rippenfrakturen mit Pneumothorax) durchgeführt.
Computertomographie des Abdomens zeigt
das Ausmaß der Milzverletzung.
Die noch bis in die 1990er
Jahre regelmäßig durchgeführte Peritoneallavage ist mittlerweile wegen ihrer
hohen Fehlerquote nicht mehr gebräuchlich.
Da diese unterschiedlichen Verletzungsformen direkten Einfluss auf die Prognose und das chirurgische Vorgehen haben, werden fünf Schweregrade unterschieden:
· Grad 1:
Kapselrisse, subkapsuläres nicht expandierendes Hämatom. Zerreissung < 1 cm tief.
·
Grad 2: Verletzung von Kapsel und Parenchym ohne
Verletzung von Segmentarterien. Zerreissung 1-3 cm tief; zentrales oder subkapsuläres Hämatom 1-3 cm.
·
Grad 3: Verletzung von Kapsel, Parenchym und
Segmentarterien. Zerreissung
tiefer als 3 cm; zentrales oder subkapsuläres Hämatom > 3 cm.
·
Grad 4: Verletzung von Kapsel, Parenchym und Segment-
oder Hilusgefäßen, Abriss des Gefäßstiels
· Grad 5: Ausriss
des Organs im Milzhilus mit Devaskularisation (Unterbrechung der
Gefäßversorgung)
Das therapeutische Vorgehen hängt
vom Schweregrad der Ruptur ab. Während noch bis in die 1980er Jahre eine
Milzruptur nahezu ausschließlich durch die Entfernung der Milz (Splenektomie)
behandelt wurde, macht die Verbesserung der konservativen Blutungskontrolle
mittlerweile eine differenziertere Therapie unter dem Gesichtspunkt der
Organerhaltung möglich.
Unter engmaschiger Kontrolle
des sonografischen Befundes, der Kreislaufparameter und des Blutbildes kann in
diesem Stadium oft konservativ behandelt, da sich diese Läsionen durch die
körpereigene Blutstillung (Hämostase) verschließen und abheilen können. Alle
übrigen Schweregrade bedürfen einer operativen Intervention.
Ziel des operativen Vorgehens
ist der Milzerhalt. Dabei kann mittels Infrarot- beziehungsweise
Elektrokoagulation und Fibrinkleber oft eine Blutstillung erzielt werden. Die
Milz wird dazu auch in ein resorbierbares Kunststoffnetz eingehüllt und damit
komprimiert.
Beim Schweregrad 4 kann durch
eine Teilresektion manchmal ein funktionstüchtiger Teil der Milz erhalten
werden, während beim 5. Grad nur die Splenektomie in Betracht kommt.