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Mittwoch, 13. April 2016

Meniskusverletzungen häufiger als erwartet



MRT Untersuchungen werden häufig zur Abklärung von Schmerzen des Kniegelenkes angefordert. Werden Meniskusverletzungen gefunden, wird gemeinhin angenommen, dass sie für die Symptomatik verantwortlich sind. Eine Studie der Boston University zeigt jedoch, dass die Prävalenz von Pathologien höher ist als angenommen.

Englund und Kollegen rekrutierten  1000 Probanden in Framingham, die per Zufallsverfahren ermittelt wurden. Sie waren älter als 50. Als Ausschlusskriterien galten entzündliche Gelenkerkrankungen, Gelenkersatz, Demenz, vorausgegangene Meniskusoperationen oder Kontraindikationen für ein MRI. Insgesamt konnten 1039 Probanden durch ein MRI untersucht werden. Verwendet wurde ein 1,5 Tesla Gerät (Siemens), mit der die Integrität der Menisci dargestellt wurde. Zusätzlich wurden konventionelle Röntgenaufnahmen des Kniegelenkes im Stehen angefertigt.

Erhöhte Signalintensitäten, die mit dem Ober- oder Unterfläche oder dem freien Rand des Meniskus auf mindestens zwei Schnitten kommunizierten, wurden als pathologisch definiert. Radiologische Zeichen einer möglichen Arthrose wurden nach der Kellgren-Lawrence Klassifikation eingeteilt. Sie wurden ab einem Stadium 2 angenommen. Anschließend wurden die Befunde mit einem Fragebogen hinsichtlich ihrer Symptomatik korreliert.

Die Untersuchungen konnten eine Prävalenz von Meniskusschäden von 35% nachweisen. Der mediale Meniskus war dabei öfter betroffen als der laterale (28:12%). In 31% fanden sich Meniskuseinrisse, in 8% komplexere Destruktionen. Unter den Rissformen dominierten Einrisse des Hinterhornes und des Pars intermedius zu jeweils über 60%. Fast 40% hatten jeweils einen horizontalen oder komplexere Einrisse.
torn meniscus, notfallambulanz.blogspot.com, Dr Pietsch
Meniskusriss
 Die Häufigkeit von Meniskusschäden stieg mit zunehmendem Alter und bevorzugte Männer. Bei den 50-jährigen fand sich noch eine Prävalenz von 32% bei Männern und 19% bei Frauen, bei den 70-jährigen lag sie jedoch schon bei 56%, bzw. 51%. Männer neigten demnach mehr zu Rissen, während Frauen mehr komplexere Destruktionen des Meniskus aufwiesen.

Die Prävalenz von Meniskusschäden lag signifikant höher in arthrotisch veränderten Knien. 95% der Probanden mit höhergradigen radiologischen Anzeichen einer Arthrose (Stadium 3) wiesen einen Riss auf. Entsprechend nahmen auch geklagte Beschwerden zu.

Probanden ohne nachgewiesene Gonarthrose und Meniskusrisse waren in 32% der Fälle symptomatisch und blieben in 23% beschwerdefrei. Bei Probanden mit einer radiologisch bestehenden Arthrose und Beschwerden dagegen fanden sich bei 63% Risse. Der Anteil der beschwerdefreien Probanden mit Meniskusläsionen lag allerdings auch bei 60%.

Die Studie legt nahe, dass asymptomatische Meniskusläsionen häufiger sind als bislang angenommen. Die hohe Zahl an „Zufallsbefunden“ einer Meniskuspathologie mag beim Untersucher für Verwirrungen sorgen, denn nicht immer wird zwischen den Läsionen und anderen möglichen schmerzhaften Ursachen zu unterscheiden sein. Dies gilt besonders für die Koinzidenz von Arthrose und Meniskusläsionen. Andererseits kann ein Riss das frühe Einsetzen einer Arthrose signalisieren. Die Zufallsbefunde sind nur schwer abzugrenzen von anderen schmerzhaften Befunden, wie z.B. einer Synovitis oder Knochenmarködemen. Sie können durch eine veränderte Lastübertragung, z.B. durch einen geschädigten Meniskus ausgelöst und durch eine Resektion nicht verbessert werden.

Sonntag, 27. März 2016

Sport mit Endoprothese - Was geht?




Jährlich werden allein in der BRD ca. 300.000 Endoprothesen implantiert. Der größte Anteil entfällt auf Hüftendoprothesen, gefolgt von Knieendoprothesen und Endoprothesen an Schulter, Sprunggelenk und Wirbelsäule. 

Mit einer erhöhten Lebenswahrscheinlichkeit ist auch der Anspruch des Patienten an die OP gestiegen. Neben der Schmerzreduktion wird auch eine verbesserte Lebensqualität erreicht, die es dem Patienten ermöglicht, auch wieder Sport zu treiben. Mittlerweile sind die Empfehlungen zur Sportfähigkeit in Leitlinien verankert. Belastungen nach Endoprothesen wird sogar gewünscht, da sie über eine Verbesserung der Knochenqualität im Prothesenlager und der muskulären Gelenkstabilisierung einen positiven Einfluss auf das Knochenlager nimmt. Dennoch beruhen die Empfehlungen zur Sportfähigkeit derzeit eher auf persönlichen Erfahrungen als auf Evidenz basierten Studien. EBM Aussagen bestehen derzeit nur für Golf, Ski und Tennis. 

Vergleicht man Studien zur Sportfähigkeit nach einer Operation, so fällt der hohe Anteil von Patienten nach Hüft-TEP auf. Fast 83% der Daten fallen bei Patienten nach Hüft-TEP an, nur 14% bei Knie-TEP und 3% bei Schulter-TEP. Bei den allgemeinen Vergleichen fällt auf, dass sich Patienten nach einer TEP tendenziell für sogenannte Low-impact Sportarten entscheiden. Dies wird dadurch deutlich, dass die Vielzahl der präoperativen Sportarten abnimmt und Sportarten mit moderater Belastung häufiger genannt werden. Am beliebtesten erscheinen Radfahren, Wandern, Schwimmen und Gymnastik. 

Bei den Patienten mit einer Hüftendoprothese kommt es nach einer Operation zu einer Zunahme der sportlichen Aktivität. Auch hier werden Low-impact Sportarten bevorzugt angegeben, was sicherlich den ärztlichen Empfehlungen entspricht.

Erfreulicherweise finden sich keine Unterschiede bei Teil- und Totalendoprothesen am Kniegelenk. Die sportliche Aktivität nach einer Knieoperation stieg bei 70% der Patienten. Bevorzugt werden empfohlene Sportarten wie Wandern, Schwimmen, Gymnastik oder Radfahren. Es gibt vor allem Aussteiger aus den gewohnten Sportarten, z.B. Laufen, Tanzen, Kontaktsportarten, Ski oder Joggen, die in moderatere Bewegungsformen finden. Patienten, die ihre gewohnte Sportart jedoch weiterführen, verzeichnen i.d.R. einen Aktivitätszuwachs.

Erstaunliche Ergebnisse finden sich bei Schulterendoprothesen. Bei Schultersportarten wie Tennis, Squash oder Golf finden mehr als 70% der Operierten wieder in ihren Sport zurück. Grund für das gute Abschneiden liegt darin begründet, dass 64% der Patienten präoperativ den Wunsch geäußert hatten, die OP zur Erlangung ihrer Sportfähigkeit durchführen zu lassen.

Es leiten sich daraus Empfehlungen ab, Bewegungen mit hohen Rotationsmomenten und Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko zu vermeiden. Grundsätzlich sind die Empfehlungen in ständigem Fluss. Dem Patienten muss keine neu zu erlernende Sportart empfohlen werden. Vielmehr sollte er seinen Bewegungsablauf der jeweiligen Endoprothese und Sportart anpassen Golfspieler sollten daher ihren Schwung verkürzen, Spikes vermeiden und lieber den Caddy nutzen als das schwere Bag zu ziehen. Der Skifahrer sollte auf gute Wetterbedingungen achten, große Schwünge und flache Pisten vorziehen. Dies hilft, mechanische Belastungen zu minimieren und Luxationen zu vermeiden. 

Voraussetzungen an die Endoprothese sind eine stabile Verankerung und eine stabile muskuläre und ligamentäre Führung. Die Bewegungsabläufe sollten sicher sein und die Implantation länger als 6 Monate zurück liegen. Ein Sportverbot dagegen wird bei Infekt und die Stabilität ausgesprochen. Eine relative Kontraindikation besteht bei einem BMI>30 gesehen. Eine Revisionsendoprothese galt lange als absolute Kontraindikation, muss nun jedoch mit verbesserten Implantaten und OP-Techniken im Einzelfall erwogen werden.


Welche Sportarten sind geeignet?

Geeignet
Eingeschränkt geeignet
Nicht geeignet
Wandern
Aerobics(Sprünge)
Basketball
Walking / Nordic Walking
Alpiner Skilauf
Eisschnellauf
Radfahren (Cave! Sattelhöhe)
Kegeln / Bowling
Fussball
Individuelle Gymnastik
Krafttraining (Geräte)
Geräteturnen
Rudern / Paddeln
Laufsport
Squash
Tanzen
Reiten
Leichtathletik
Gymnastik
Tennis
Viele Ballsportarten
Schwimmen (Kraulbeinschlag)
Schießen
Tischtennis
Skilanglauf
Eislaufen
Hockey

Mittwoch, 23. März 2016

Kreuzbandriss - je eher die OP desto besser

 
Eine aktuelle Studie zeigt die Überlegenheit einer frühern Rekonstruktion einer Kreuzbandläsion gegenüber der konservativen oder konservativen Therapie. Ein stabiles Knie scheint zu weniger Spätschäden zu neigen als verzögert operierte oder konservativ behandelte.

Die Rekonstruktion gerissener vorderer Kreuzbänder hat offenbar einen protektiven Effekt für die betroffenen Knie, wenn man das konservative Vorgehen als Vergleich heranzieht. Dies geht aus Studienergebnissen hervor, die Thomas Sanders von der Mayo Clinic in Rochester zusammen mit Kollegen erarbeitet hat. In die retrospektive Untersuchung wurden 964 Patienten mit gerissenen und 964 gematchte Kontrollpersonen mit intakten vorderen Kreuzbändern einbezogen. Die Studienteilnehmer waren im Mittel 28 Jahre alt.

Bei 509 Patienten wurden die rupturierten Kreuzbänder relativ früh und bei 91 verzögert (nach einem Jahr oder später) rekonstruiert, 364 Patienten wurden konservativ behandelt. Die Nachbeobachtung dauerte knapp 14 Jahre. In dieser Zeit erlitten 37,4 % der nach einem Kreuzbandriss nicht operierten und 8,2 % der operierten Patienten eine sekundäre Meniskusverletzung. Das Risiko nach Verzicht auf einen Rekonstruktionseingriff war damit – unter Einbezug von Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht und initialem Meniskusschaden – im Vergleich 5,4-fach erhöht (Hazard Ratio [HR] 5,4). Eine symptomatische Arthrose entwickelten 31,6 % der Nichtoperierten und 8,5 % der Operierten (HR 6,0). Mit Blick auf die Notwendigkeit eines totalen endoprothetischen Kniegelenkersatzes betrugen die Quoten 6,9 % und 0,5 % (HR 16,7).

Je eher desto besser
Die Ergebnisse nach früher Rekonstruktion fielen zudem günstiger aus als nach verzögerter Operation. Meniskusschäden traten nach Letzteren rund viermal, Arthrosen rund sechsmal häufiger auf. Die Raten betrugen 19,8 % vs. 6,1 % (Meniskusläsionen) und 22,0 % vs. 4,5 % (Arthrose).

Dennoch verhinderte auch die frühe Rekonstruktion gerissener vorderer Kreuzbänder nicht alle Folgen, wie der Vergleich mit den Kontrollen ohne Kreuzbandriss zeigte. Das Risiko, bis zum Ende der Nachbeobachtungszeit eine Diagnose arthrotischer Knieveränderungen gestellt zu bekommen, war trotz früher Operation 4,9-fach gesteigert; die Quoten lagen bei 4,5 % vs. 1,2 %. Hinweise auf spätere Arthrose nach einem Riss des vorderen Kreuzbandes gaben ein Alter von über 21 Jahren zum Zeitpunkt der Verletzung, bestehende Knorpelschäden und mediale oder laterale Meniskusrisse.







 Sanders TL et al. Is Anterior Cruciate Ligament Reconstruction Effective in Preventing Secondary Meniscal Tears and Osteoarthritis? Am J Sports Med 2016; online 8. März; doi: 10.1177/0363546516634325

Freitag, 19. Februar 2016

Politiker schlafen zu wenig - und Ärzte?

Ein interessanter Artikel im Focus beschäftigt sich mit Schlafmangel und der Entscheidungsfähigkeit von Politikern. Müssen wir uns Sorgen machen? Und - warum gilt es nicht auch für Ärzte. Tauschen wir doch einfach mal den Begriff Politiker durch Ärzte aus: 


Ärzte schlafen zu wenig, Ärzte treffen Entscheidungen oft übermüdet. Das kann dramatische Folgen haben, sagt der Schlafmediziner Hans-Günter Weeß. Übermüdet tendiere der Mensch dazu, von seinen ethisch-moralischen Grundsätzen abzurücken und risikofreudiger zu werden – weil er einfach nur ins Bett will.
In Diensten (Original "Große Konferenzen)spielt Schlaf eine große Rolle - gerade, weil er dort viel zu kurz kommt. Durch mehrstündiges Arbeiten (Verhandlungen) wird teilweise völlig auf Schlaf verzichtet.Das hat nicht nur gesundheitliche Folgen, sondern kann auch als taktische Waffe eingesetzt werden, wie uns Dr. Hans-Günter Weeß, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, bestätigt.
Frage: Herr Weeß, SpitzenÄrzte schlafen oft nur vier bis sechs Stunden. In Diensten (Original: Auf Gipfeltreffen wie aktuell in Brüssel) werden Beschlüsse oft in nächtlichen Sitzungen gefasst. Werden wir schlechter behandelt, weil der Arzt (Orginal: die Bundeskanzlerin) zu wenig schläft?
Dr. Hans-Günter Weeß: Entscheidungen, die übermüdet getroffen werden, sind zumindest kritisch zu hinterfragen. Gerade in Dienten (auf Gipfeln) neigen Ärzte zu wenig Schlaf. Manchmal sieht man (im Fernsehen), wie sie dösen oder mal kurz wegnicken. Das ist insofern bedenklich, weil in einer Umfrage unter Spitzenkräften in Politik und Wirtschaft 57 Prozent zugegeben haben, dass sie schon einmal bedeutende Zugeständnisse gemacht haben – nur weil sie übermüdet waren.
Was passiert mit dem Körper, wenn er zu wenig Schlaf bekommt?
Das ist dauerhaft schädlich für das Herz-Kreislauf-System, das Risiko für Bluthochdruck, Diabetes und Schlaganfälle steigt. Auch die Gefahr für psychische Erkrankungen wie Depressionen nimmt zu. Schließlich können sich Schlafstörungen entwickeln.

Und wie wirkt sich eine nächtliche Marathonsitzung aus?
Das ist purer Stress. Wenn Sie 17 Stunden am Stück wach sind, entspricht ihr Reaktionsvermögen einem Menschen mit 0,5 Promille Blutalkohol. Nach 22 Stunden ununterbrochenem Wachsein ist es schon ein Promille. Die Fehlerquote nimmt ab mehr als neun Stunden Arbeit am Stück enorm zu, auch die Entscheidungsfähigkeit wird beeinflusst: Übermüdet verlassen wir unsere ethisch-moralischen Grundsätze, weil der Körper einfach nur ins Bett will. Gerade im Dienst (in der Politik) ist das natürlich höchst bedenklich.

Wenn Sie hören, dass eine wichtige Entscheidung in einer nächtlichen Sitzung getroffen wurde, was denken Sie dann?
Dass sich derjenige durchgesetzt hat, der am längsten wach bleiben konnte. Und das muss nicht unbedingt derjenige mit den besseren Argumenten sein.

Sollte uns diese Erkenntnis nicht beunruhigen?
Zu mehr Vertrauen in Ärzte (die Politik) führt sie ganz bestimmt nicht.

Stimmt es, dass wichtige medizinische Entscheidungen oft aus strategischen Gründen an das Ende des Tagesablaufs gesetzt werden?
Ja. Manche Ärzte nutzen angeblich das Wissen um den Schlaf. Sie setzen wichtige Punkte an das Ende einer langen Sitzung. In der Hoffnung, dass sie ihre Positionen dann besser durchsetzen können.
Wäre die Welt besser (oder friedlicher), wenn die Ärzte mehr schlafen würden?
Das ist eine interessante Frage. Ich vermute, dass medizinische Entscheidungen manchmal profunder wären. Studien zeigen: Je schläfriger der Mensch ist, umso risikofreudiger wird er auch. Ausgeschlafen wäre so manche riskante Entscheidung womöglich nicht getroffen worden.

Sie plädieren für mehr Mittagsschlaf. Sollten wir uns an Südeuropa orientieren, wo schon mal eine Siesta gehalten wird?
Der asiatische Raum könnte uns da ein Vorbild sein. Dort gilt Schlaf im Alltag und Berufsleben als normal, bei uns wird er dagegen geächtet. Dabei kann ein kurzes Nickerchen zwischendurch Wunder wirken. Wir werden leistungsfähiger, kreativer, die Aufmerksamkeit steigt und wir machen weniger Fehler. Ich plädiere dafür, dass deutsche Unternehmen für ihre Angestellten mehr Ruheräume einrichten.

Gibt es ein Land, dessen Schlafkultur Ihrer Vorstellung entspricht?
Das wären schon Japan und China, wo sich niemand für Schlaf am Arbeitsplatz schämt. Allerdings wird dort im internationalen Vergleich auch überdurchschnittlich viel gearbeitet und weniger Wert auf Freizeit gelegt.

So geht es meist auch SpitzenÄrzten hierzulande. Was würden Sie einer Bundesministerin oder einem Bundesminister entgegnen, der Ihnen sagt: "Ich schaffe meine Arbeit nicht, wenn ich acht Stunden schlafe"?
Ich hätte durchaus Verständnis dafür, weil man in diese Positionen offenbar nur gelangen kann, wenn man sein Schlafbedürfnis zurückstellt. Allerdings habe ich grundsätzlich mehr Vertrauen in Ärzte, die ausreichend schlafen. Weil sie auch in nächtlichen Sitzungen weniger Fehler machen und auf ihren ethisch-moralischen Grundsätzen beharren.

Montag, 15. Februar 2016

Der akute Notfall nach fast food nuggets

Fast Food Chicken Nugget läßt Speiseröhre reißen

 
Immerhin entsteht ein knochenfreies Stück Klebefleisch, das beim Schlucken keine Probleme verursaachen sollte.

Jetzt wird jedoch von einem 25-jährigen Kanadier berichtet, dem sein Nugget buchstäblich im Hals stecken blieb. Blass, kurzatmig und mit epigastrischen Schmerzen wurde der junge Mann in der Notaufnahme des Toronto General Hospital vorgestellt. Ene Stunde zuvor hatte er eine Portion Chicken Nugget gegessen. Dabei habe er einen scharfen, kratzenden Schmerz empfunden. Erbrochen habe er nicht.
Bei der körperlichen Untersuchung fiel ein peritonistischer Druckschmerz im Epigastrium auf. Die Atemgeräusche waren regelrecht, die Laborwerte weitgehend unauffällig, abgesehen von einer leichten Erhöhung der Leukozyten, des Bilirubins und der Amylase.
Aufschlussreicher war das Röntgenbild des Thorax mit freier mediastinaler Luft und einen linksseitigen Pleuraerguss. Fremdkörper im Ösophagus oder freie Luft im Abdomen waren nicht festzustellen. Die Computertomografie zeigte dann aber eine Ruptur des distalen Ösophagus mit Kontrastmittelaustritt, ein Pneumomediastinum und einen Plauraerguss links.
Nach der Verordnung von Nahrungskarenz, Flüssigkeit i.v. und Breitspektrumantibiotika erfolgte die Ösophagoskopie. Die Diagnose einer nichtiatrogenen distalen Ösophagusruptur, eines Boerhaave-Syndroms, konnte dabei bestätigt werden. Der Patient erhielt einem Ösophagusstent zur Abdeckung der Perforation und eine Drainage des Mediastinums.
Nach fünf Tagen traten Fieber und Leukozytose mit und zunehmenden Brustschmerzen auf. Das CT zeigte diesmal einen Mediastinalabszess und einen rechtsseitigen Erguss. Den Abszess drainierten die Thorachirurgen, zugleich dekortizierten sie den rechtsseitigen Pleuraraum. Drei Wochen später konnte der Stent entfernt werden, die Ruptur des Ösophagus war verheilt.
Das Boerhaave-Syndrom hat eine hohe Letalität. Sie können sich ereignen, ohne dass Erbrechen, Anfälle oder chronischer Husten in der Anamnese auftauchen. Auch ohne einschlägige Anamnese kann sich ein Boerhaave-Syndrom entwickeln und in 20% und 75% tödlich verlaufen. Der Verdacht besteht bei Kurzatmigkeit und epigastrischen Schmerzen.

Offenbar können aber auch knochen- und schalenfreie weiche Nahrung wie etwa ein Chicken Nugget den intraösophagealen Druck derart erhöhen, dass es für eine Ruptur ausreicht.
Vom Nugget-Erfinder Robert Baker übrigens wird kolportiert, er habe zunächst wenig darauf gegeben, ob Menschen seine Kreationen bekömmlich fanden. Nur wenn der Hund sie nicht fraß, sei er zur Überarbeitung nochmals zurück in sein Labor gegangen.





Aga Z et al. An unusual case of spontaneous esophageal rupture after swallowing a boneless chicken nugget. Case Rep Emerg Med 2016, online 10. Januar