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Donnerstag, 11. September 2014

50% der Chirurgen wollen hinschmeißen!

Während der Facharztausbildung denkt offenbar mehr als die Hälfte der angehenden Chirurgen ans Aufhören. Die Gründe waren in einer US-Studie wenig überraschend: Schlafmangel, zu lange Schichten und, vor allem bei Frauen, die Aussicht auf ein Berufsleben, das sich mit der Familie schlecht vereinbaren lässt.

Der Gedanke, alles hinzuschmeißen, ist während der Ausbildung zum Chirurgen offenbar weit verbreitet. 58% einer Gruppe von 288 US-amerikanischen Assistenzärzten, die anonym befragt wurden, gaben an, während ihrer Ausbildung zum Facharzt mehrmals im Jahr ernsthaft ans Aufhören gedacht zu haben. Am häufigsten wollten die Betroffenen in den ersten beiden Jahren kapitulieren (45,8 bzw. 41,4%).

Hauptsächlich bei Frauen zogen sich solche Gedanken über die ganze Assistenzarztzeit und noch bis zum Erlangen des „leitenden Arztes“ hin, während Männer sich im Laufe der Ausbildung offenbar besser mit ihren Arbeitsbedingungen arrangierten. Ab dem zweiten Ausbildungsjahr waren es vor allem Frauen, die ernsthaft ans Aufhören dachten.

Unattraktive Perspektiven
Die Gründe für solche Überlegungen waren in der Studie von Dr. Edward Gifford und Kollegen vom Harbour UCLA-Medical Center in Los Angeles wenig überraschend: 50% waren vom häufigen Schlafmangel genervt, bei 47% spielten die Aussichten auf ein wenig attraktives Berufsleben die wichtigste Rolle. 41,4% fanden die exzessiven Schichten so belastend, dass sie die Flinte ins Korn werfen wollten.
87 der Befragten setzten ihren Entschluss in die Tat um, davon 46,4% Frauen. Berücksichtigte man jedoch das Geschlechterverhältnis über zehn Jahre, wurde deutlich, dass insgesamt wesentlich mehr Frauen tatsächlich das Handtuch warfen als Männer (Odds Ratio 1,9; p = 0,005).
Insgesamt ermittelten die Forscher in den 13 untersuchten Ausbildungsprogrammen – die meisten davon universitär – eine Abbruchrate von 14,4% über zehn Jahre. In drei Programmen stieg sogar mehr als jede(r) fünfte Teilnehmer(in) vorzeitig aus.

Den Exodus der Frauen stoppen
Den Forschern zufolge müssen sich die Verantwortlichen nun ernsthaft überlegen, wie man die Abwanderung, vor allem der Frauen, bremsen könnte. Begrenzungen der Wochenstunden hatten in Studien wenig gebracht. Vielmehr müsse man Frauen bei dem schwierigen Spagat zwischen Beruf und Familie besser unterstützen, so Gifford et al. Die Tatsache, dass Frauen in chirurgischen Abteilungen nur selten gleichgeschlechtliche Ansprechpartnerinnen finden, trage sicher nicht zur Lösung des Problems bei.

Aktion statt Opferhaltung
„Mit dem Mythos vom Chirurgen als ewig untergebuttertes, ausgebeutetes Opfer mit lausigen Berufsaussichten muss endlich aufgeräumt werden“, schreibt Karen E. Deveney, Chirurgin an der Oregon Health and Science University in Oregon, in ihrem Kommentar zur Studie. Das ewige Jammern über verkorkste Karrieren, wie es viele Kollegen betrieben, sei kontraproduktiv und entmutige den Nachwuchs. Sie appellierte an die Leiter der Facharztprogramme, proaktive Schritte zu unternehmen: Die Chefs müssten ihren Schützlingen von Beginn an zeigen, wie man eine gesunde Balance zwischen Arbeits- und Familienleben erreichen kann. Schließlich gebe es zahlreiche Beispiele chirurgischer Praxen mit gut strukturierten Arbeitszeiten. Deveney riet, weibliche Assistenzärzte mit etablierten niedergelassenen Chirurginnen zusammenbringen, die den Spagat zwischen Familie und Beruf erfolgreich bewältigt haben.
Den Exodus der Facharztanwärter zu stoppen, tut auch in Deutschland not: Hierzulande hat der Berufsverband der Chirurgen bereits vor einem drohenden Fachkräftemangel gewarnt.

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Gifford E et al. Factors Associated With General Surgery Residents’ Desire to Leave Residency Programs. A Multi-institutional Study. JAMA Surg 2014; online 30. Juli; doi: 10.1001/jamasurg.2014.935