Bei der Versorgung der dislozierten distalen Radiusfraktur geht der Trend seit Jahren deutlich zur Plattenosteosynthese – obwohl qualitativ hochwertige Studien zur Wahl der Op.-Technik rar sind und Experten der Cochrane-Collaboration einen „gravierenden Mangel an verfügbarer Evidenz“ beanstanden. Viele Zentren argumentieren mit der besseren Retentionssicherheit, die durch das offene Verfahren erzielt wird.

Dieses Dogma wird nun jedoch durch die Ergebnisse einer randomisierten, kontrollierten Studie aus Großbritannien infrage gestellt. Die Studie, an der 18 britische Unfallkliniken beteiligt waren, verglich die Versorgung mittels palmarer Platte mit der ebenfalls häufig eingesetzten Kirschnerdraht(K-Draht)-Osteosynthese, bei der Bohrdrähte durch die Haut in den Knochen eingebracht werden. In der Bohrdraht-Gruppe wurde der Unterarm anschließend durch einen Gipsverband stabilisiert. Der K-Draht zeichnet sich durch ein deutlich geringeres Maß an Aufwand und Kosten bei minimalem Trauma aus.

Score misst Funktion und Schmerzen
Das Resultat überraschte auch die Forscher um Matthew L. Costa von der University of Warwick im englischen Coventry: Im Hinblick auf den PRWE-Score (Patient Rated Wrist Evaluation) war die Fixation mittels Bohrdraht der Platten-Op. ebenbürtig. Costa et al. hatten den Score zwölf Monate nach dem jeweiligen Eingriff erhoben. Gemessen wird die Handgelenksfunktion nach Angabe der Patienten unter Berücksichtigung von Schmerzen und Behinderungsgrad.

Insgesamt hatten 461 Patienten mit nach dorsal dislozierter distaler Radiusfraktur an der Studie teilgenommen. Letztlich hatten 208 die Kirschnerdraht-Osteosynthese erhalten, davon 54 in Kapandji-, 78 in interfragmentärer Technik und 71 mit einem kombinierten Verfahren. 213 Patienten hatte man von palmar eine winkelstabile Platte implantiert.

Nach Bohrdrahtversorgung wurden im Schnitt 15,3 Punkte von 100 erreicht, nach Plattenfixation 13,9 (der höchste Wert entspricht dem schlechtestmöglichen Ergebnis). Der Unterschied in der Effektstärke (–1,3 zugunsten der Platte) ist nicht signifikant (p = 0,398). Auch Subgruppenanalysen mit unterschiedlichen Altersgruppen (unter 50 und 50+) kamen zu keinem substanziell anderen Ergebnis (p = 0,338), ebensowenig brachte die Unterteilung in Gruppen mit oder ohne intraartikuläre Fraktur einen nennenswerten Vorteil für die Platte (p = 0,211).

Letztere punktete lediglich marginal im sekundären Endpunkt, dem DASH-Score (Einschränkungen an Arm, Schulter und Hand). Hier war nach einem Jahr eine Effektstärke von –3,2 zu sehen (p = 0,051); diese lag jedoch deutlich unter dem, was die Forscher als klinisch relevant bezeichnet hätten.
Widerspruch zum aktuellen Trend

Auch bei den Komplikationsraten und der Lebensqualität zeigte sich kein Hinweis auf Überlegenheit eines der beiden Verfahren. Die Studiengruppe weist darauf hin, dass die Handgelenksfunktion sich zwar im Beobachtungszeitraum verbessert hatte, aber in beiden Gruppen nicht mehr auf das Niveau vor dem Unfall zurückgekehrt war.

Für Costa und sein Team widerspricht die Studie dem allgemeinen Trend zur Plattenosteosynthese bei distaler Radiusfraktur. Ein verbessertes funktionelles Ergebnis mit dem offenen Verfahren, wie es in früheren Studien gezeigt worden war, konnten die Autoren der Multicenter-Studie nicht bestätigen. Für eine definitive Bewertung bleiben allerdings Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit abzuwarten.

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