Die arthroskopische Knie-Op. bringt im
Hinblick auf Arthroseschmerzen nur unwesentlich mehr als eine
Scheintherapie. Die Autoren fordern das Aus für den potenziell
schädlichen Eingriff.
Die therapeutische Kniearthroskopie mit
partieller Entfernung des Meniskus gehört zu den häufigsten operativen
Eingriffen in den USA und in Europa. In Deutschland werden jedes Jahr
etwa 100.000 solcher Operationen bei Patienten mit degenerativen
Gelenkerkrankungen durchgeführt. Dadurch werden Arthroseschmerzen im
Knie allerdings nicht besser beseitigt als mithilfe nicht operativer
Maßnahmen; dies haben bereits mehrere randomisierte Studien gezeigt.
Eine
Metaanalyse über 9 Studien aus den USA fasst nun die Ergebnisse zusammen und findet, dass die
therapeutische Arthroskopie mit Lavage und gegebenenfalls zusätzlichem
Débridement bei degenerativen Kniegelenkschäden
wenig sinnvoll ist. Im Hinblick
auf den Endpunkt Schmerzen zeigt sie nur einen geringen Vorteil gegenüber verschiedenen
konservativen Therapien, und selbst im Vergleich mit einer
Scheinoperation ist der Vorteil nur minimal. Bereits nach ein bis zwei
Jahren hat sich der Effekt aufgehoben.
Dabei ist die Knie-Op. potenziell mit einer
Reihe ernster Nebenwirkungen wie Thromboembolien und Infektionen
belastet. Diese treten zwar verhältnismäßig selten auf. Bezogen auf die
Häufigkeit, mit der die Operation durchgeführt wird, ist jedoch schon
ein kleiner Prozentsatz solcher Ereignisse zahlenmäßig relevant.
Die
in die Metaanalyse einbezogenen Studien beinhalten Daten von insgesamt
1270 Patienten mit einer relativ großen Bandbreite von Diagnosen: von
der degenerativen Meniskusläsion ohne sichtbare Zeichen einer Arthrose
im Röntgenbild bis hin zur Läsion mit nachgewiesener Arthrose.
Verglichen
wurde die therapeutische Arthroskopie mit nicht chirurgischen Maßnahmen
wie Schein-Op., Training oder medikamentöser Behandlung der Schmerzen.
Patienten mit begleitender Kreuzbandverletzung waren ausgeschlossen.
Die
Patienten waren im Schnitt zwischen 49,7 und 62,8 Jahre alt. Vor dem
Eingriff bewegte sich die subjektive Schmerzstärke auf einem Niveau
zwischen 36 und 63 mm auf einer 100-mm-Analogskala (VAS). Auf dieser
nimmt der Wert mit der Schmerzstärke zu.
Minimaler Effekt, von kurzer Dauer
Das
Ergebnis der primären Endpunktanalyse im Hinblick auf postoperative
Schmerzen war zwar statistisch gesehen signifikant: Verglichen mit
jeglicher Kontrolltherapie wurde eine Effektstärke der arthroskopischen
Op. von insgesamt 0,14 gemessen. Wie Thorlund und Kollegen feststellen,
entspricht dies jedoch lediglich einem hauchdünnen Unterschied von 2,4
mm auf der VAS-Skala. Zum Vergleich: Die Effektstärke für NSAR bei
Knieschmerzen beträgt 0,29; wer dreimal wöchentlich das Knie trainiert,
erzielt einen Effekt von 0,68.
Die Operation zeigte zwar
kurzfristig Wirkung; der Nutzen hielt jedoch nicht lange an: Lag die
Effektstärke nach drei Monaten noch bei 0,27, fiel sie nach einem halben
Jahr auf 0,18 und nach einem Jahr auf 0,06.
Für
den Parameter „Funktion“ war der Nutzen von vornherein unerheblich
(Effektstärke 0,09), sowohl kurz nach dem Eingriff als auch im weiteren
Verlauf.
Eine Subanalyse, in der zwischen den
verschiedenen Op.-Methoden (partielle arthroskopische Meniskektomie mit
oder ohne Débridement) unterschieden wurde, führte zu keinem anderen
Ergebnis, weder hinsichtlich Schmerzen noch in puncto Funktion.
Was
die Autoren beunruhigt, ist die Inzidenz tiefer Venenthrombosen: 4,13
pro 1000 Eingriffe. Die zweithäufigste Komplikation waren Infektionen im
Kniegelenk (2,11 pro 1000), gefolgt von Lungenembolien (1,45 pro 1000);
auch Todesfälle kamen vor, wenngleich sehr selten (0,96 pro 1000).
Diese Daten beruhen allerdings lediglich auf zwei Studien; alle anderen
hatten in puncto Schadwirkungen wenig nützliche Informationen zu bieten.
Thorlund
et al. fordern nun ein Umdenken bei Patienten mittleren Alters mit
Knieschmerzen: „Die verfügbare Evidenz spricht für eine Abkehr von der
gängigen Praxis“, so die Autoren. Die arthroskopische Knie-Op. wird
häufig routinemäßig bei klinischem Verdacht auf einen Meniskusriss oder
bei positiven MRT-Befunden durchgeführt, weil man annimmt, dass die
Schmerzen im Knie mit bestimmten sichtbaren Veränderungen
zusammenhängen. Strukturelle Anomalien wie Meniskusriss, Osteophyten,
Knorpelschäden oder Knochenmarkläsionen finden sich allerdings auch als
Zufallsbefunde im asymptomatischen Knie. Die Forscher plädieren dafür,
sich zunächst an die klinischen Leitlinien
zur Kniegelenkarthrose zu halten. Diese empfehlen als vorrangige
Maßnahmen die Aufklärung des Patienten, Bewegung und Gewichtsreduktion.
Literatur:
Thorlund
JB et al. Arthroscopic surgery for degenerative knee: systematic review
and meta-analysis of benefits and harms. BMJ 2015; 350: h2747; online
16. Juni; doi: 10.1136/bmj.h2747
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