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Samstag, 27. Mai 2017

Behandlungsfehler: Wenn der erste Eindruck täuscht

Bei Behandlungsfehlern handelt es sich meistens um Fehldiagnosen - meist mit Konsequenzen für den Patienten. Sie können vermieden werden, wenn primär Denkfehler vermieden werden. Schnellschüsse führen i.d.R. zu zementierten Behandlungsschemen. 
Wahrnehmungsfehler (availability bias) und die hohe Akzeptanz des ersten Gedankens bei der Bewertung eines neuen Falles (premature closure) zählen zu den häufigsten ärztlichen Fehlern in der Diagnostik. Bekannte Symptome werden zu schnell zu Diagnosen formuliert, selbt wenn noch nocht alle Aspekte berücksichtigt wurden (overconfidence bias). Bei einem Patienten mit unklaren Oberbauchbeschwerden ist es besser, die Beschwerden auch mit dieser Bezeichnung weiter abklären zu lassen als sich verfrüht auf den "Verdacht auf Cholezystis“ fest zu legen. Hierdurch wird bei den Mitbehandlern bereits ein Muster, das nur schwerer wieder zu korrigieren ist.

„Medical errors“ standen in einer US-Studie zur Beurteilung von Todesursachen im Jahr 2013 auf dem dritten Platz. Dabei handelte es sich  in erster Linie nicht um gravierende Behandlungsfehler  sondern um Diagnosefehler bzw. falsch gezogene Schlüsse, die die richtige Therapie verzögert hätten. Laut Literaturdaten liegt die Rate an Fehldiagnosen bei 10-15%. Häufiger geschieht dies in der Notfallmedizin, der Pädiatrie und der Inneren Medizin. 20-40% der Autopsien führen zu anderen Todesursachen als ante mortem. In einer Studie war bei 100 an Lungenembolie gestorbenen Patienten die Komplikation in über 50% nicht erkannt worden.

Die zugrunde liegenden Fehler werden repetitiv und systematisch gemacht. Nicht mangelndes Wissen ist die führende Ursache sondern die Tatsache, dass die richtigere Diagnose nicht in Erwägung gezogen wird. Das Risiko nimmt bei seltenen Erkrankungen zu.

Auf dem 123. Internistenkongress schilderte Janneck den ungewöhnlichen Fall einer 34-jährigen Patientin mit starken bewegungsabhängigen Schmerzen in der linken Schulter. Als Vorerkrankung bestand ein Morbus Crohn, der mit Azathioprin behandelt wurde. Die Bildgebung ergab keinen klaren Befund, die Patientin wurde nach Hause entlassen und sollte sich schonen. Weniger Tage später wurde die Frau als Notfall in die Klinik eingeliefert und starb an einer Meningokokken-Sepsis nach Meningokokken-Monarthritis. Die richtige Diagnose wurde nicht gestellt, da vor allem atypische Manifestation einer seltenen Erkrankung schwer richtig zu diagnostizieren sind  


Janneck  M. "Ärztliches Denken - ärztliche Denkfehler". Vortrag auf dem 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), 29.04.2017, Mannheim

Freitag, 19. Mai 2017

Neues vom Fersensporn

Die Inzidenz, an einer Plantarfasziitis, auch „Fersensporn“ genannt, zu erkranken, beträgt für jeden Deutschen 10%. Sie ist i.d.R. selbstlimitierend: In 80 bis 90% der Fälle gehen die Beschwerden unabhängig von der Therapie innerhalb eines Jahres zurück. Der Verlauf kann sehr schmerzhaft sein und die Geduld der Patienten überfordern. Therapieformen gibt es viele, benötigen mitunter jedoch Zeit. Daher drängen viele Patiente auch auf invasive Therapien.



Der australische Sportmediziner John Orchard von der Universität Sydney empfiehlt die frühzeitige Therapie, um die Patienten aktiv zu halten.Er zieht eine Injektionstherapie erst bei Versagen der First-line Empfehlungen in Betracht, z.B. nach Gewichtsreduktion, Kühlen, Schonen, Schuheinlagen, physiotherapeutische Maßnahmen und eine systemische Therapie mit Kortikosteroiden. Injektionstherapien werden mit Kortikosteroiden, NSAR, Botulinumtoxin A, plättchenreichem Plasma (PRP), humaner dehydrierter Amnion- oder Chorionmembran oder als (Schein-)Akupunktur durchgeführt. Zur Bewertung dieser Maßnahmen bei der Indikation „Plantarfasziitis“ mangelt es jedoch vielfach an Studien mit hoher Qualität.

Die Ergebnisse aus 22 randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) hat ein unabhängiges Team aus Griechenland und der Schweiz zusammengetragen. Die systematische Literaturübersicht mit Netzwerk-Metaanalyse beinhaltet Daten zu 1216 Patienten, die wegen ihrer Plantarfasziitis eine von elf verschiedenen Injektionstherapien erhalten hatten. All diese Maßnahmen wurden nach der Netzwerkmethode einander gegenübergestellt.
Zu Beurteilung der kurzfristigen Schmerzlinderung (bis zu zwei Monate nach Therapiebeginn) konnten insgesamt 18 RCTs mit 1009 Patienten herangezogen werden. Dabei waren zur Kortikosteroidtherapie die meisten Daten verfügbar; sie lieferten einen Anteil von 15% am Datensatz. Wie Konstantin Tsikopoulos (Thessaloniki) und sein Team berichten, waren Injektionen mit dehydrierter Amnionmembran, PRP oder Botulinumtoxin A einer Injektionstherapie mit Kortikosteroiden jeweils signifikant überlegen.
Die Amnionmembraninjektion für sich genommen schien alle anderen Methoden in puncto kurzfristige Schmerzlinderung deutlich zu schlagen. Allerdings hatten die Forscher lediglich eine einzige Studie hierzu berücksichtigt.
Eine kurzfristige Besserung der Funktionalität wurde vor allem mit Botulinumtoxin erzielt (vier Studien mit insgesamt 180 Teilnehmern lieferten hierfür die Grundlage).
Wie es nach zwei bis sechs Monaten mit den Schmerzen aussah, leiteten die Forscher aus 15 Studien mit insgesamt 800 Teilnehmern ab. Hier lag die Injektion mit Botulinumtoxin deutlich vorn. Dagegen fand sich weder für die funktionelle Verbesserung noch für die Lebensqualität irgendein Spitzenreiter.
Nur in zwei RCTs waren die Patienten länger als sechs Monate (bis zu zwei Jahren) nach Therapiebeginn nachbeobachtet worden. In puncto Schmerzen (n = 82) zeichnete sich nach einem Jahr kein nennenswerter Unterschied zwischen NSAR- auf der einen und Kortikosteroid-Injektionen auf der anderen Seite ab. Auch PRP und eine Sklerosierungstherapie mit Dextrose lieferten nach 28 Wochen in etwa gleichwertige Ergebnisse.
Schwere Nebenwirkungen wurden mit keiner der verglichenen Therapien berichtet. Die häufigste Nebenwirkung bestand in geringgradigen Schmerzen kurz nach der Injektion. Zwischen dem fünften und achten Tag berichteten acht Patienten, die eine Akupunktur erhalten hatten, und einer, der zum Schein akupunktiert worden war, über leichte Nebenwirkungen wie eine vorübergehende Verschlechterung der Beschwerden. Ebensolches wurde für zwei Patienten nach Injektion einer Salzlösung und für einen nach Botulinumtoxin-Injektion berichtet.
Nach Tsikopoulos und Kollegen sind die positiven Ergebnisse zur dehydrierten Amnionmembran zwar vielversprechend; aufgrund der unzureichenden Datenlage vor allem im mittel- und längerfristigen Bereich halten sich die Autoren jedoch mit einer Empfehlung zurück. Anders bei Botulinumtoxin A: Mit dieser Substanz, so die Forscher, hätten die behandelten Patienten die vergleichsweise besten Chancen auf eine Besserung ihrer Schmerzen in einem Zeitfenster bis zu einem halben Jahr. Die Ergebnisse seien auch nach Herausrechnen von Verzerrungsrisiken robust geblieben.
Wenngleich die Methode der Netzwerkanalyse ihre Mängel hat, ist doch das Konzept der Botulinumtoxin-Therapie im Zusammenhang mit der Plantarfasziitis plausibel: So rührt der Fersenschmerz primär von einer Enthesiopathie an der Befestigungsstelle der Plantarsehne am Calcaneus her. An der Pathologie beteiligt ist jedoch möglicherweise auch eine Tendinopathie des unter der Plantarfaszie gelegenen M. flexor digitorum brevis. Botulinumtoxin führt, an der richtigen Stelle injiziert, zur Relaxierung dieses Muskels. Damit bewirkt man, dass die Entzündung abklingen kann.
Tsikopoulos K et al. Injection therapies for plantar fasciopathy (‘plantar fasciitis’): a systematic review and network metaanalysis of 22 randomised controlled trials. Br J Sports Med 2016; online 3. Mai; doi: 10.1136/bjsports-2015-095437

Montag, 15. Mai 2017

Fall 61: Die plötzliche Halsschwellung - Therapie



Therapie:
Bei klinisch progredientem Verlauf erfolgt die Übergabe an die Gefäßchirurgie. Es erfolgte die endovaskuläre Einlage eines Stentgrafts über die A. brachialis. Das Hämatom und die Clavikulafraktur werden aufgrund der bestehenden Antikoagulation belassen und nach 6 Tagen zweizeitig versorgt. Dabei wird das Hämatom ausgeräumt und die Clavicula über eine offene Reposition plattenosteosynthetisch versorgt.

Diskussion:
Gefäßläsionen nach Claviculafrakturen gehören zu den seltenen Komplikationen nach einem Trauma. Die Behandlung der akuten Fraktur gehört zu der Domäne der konservativen Therapie. In fast allen Fällen ist zu erwarten, dass die Fraktur kallös überbaut wird und ausheilt. Bei dem Patienten ist die Bruchheilung 4 Monate nach dem Primärtrauma ausgeblieben. Unter der bestehenden Medikation von MTX und Prednisolon erscheint dies nicht unwahrscheinlich. Es ist zu vermuten, dass die Fragmentenden zu einer Durchspießung der A. subclavia geführt haben. Diese ist durch ihren unmittelbaren anatomischen Bezug besonders gefährdet. Obwohl ein erneutes Trauma ausgeschlossen worden war, kommt es bei Abduktionsbewegungen über 90° zu einer Mitbewegung der Clavicula. Es bleibt zu vermuten, dass eine solche Bewegung zu einer Läsion des Gefäßes geführt hat. 

Bei der operativen Versorgung muss berücksichtigt werden, dass neben dem blutenden Gefäß auch die Clavicula stabilisiert werden muss, um die operativen Interventionen an der Subclavia zu schützen. Dies erfolgte durch eine Plattenosteosynthese zu einem späteren Zeitpunkt, um den antikoakulatorischen Effekt der Vormedikation abzuwarten.

Sonntag, 16. April 2017

Fall 61: Die plötzliche Halsschwellung - Diagnostik

Einleitung unter:
http://notfallambulanz.blogspot.de/2017/04/fall-61-die-plotzliche-halsschwellung.html


Die Anamnese lässt Sie stutzig werden. Insbesondere die Clavikulafraktur. Sie denken an eine Gefäßläsion und bitten um einen Doppler.

Untersuchungen:
Dopplersonografie
Hier sieht der Kollege eine Lumeneinengung der V. subclavia, ein ausgedehntes Weichteilhämaton sowie eine mögliche Leckage aus der A. subclavia. Er vermutet eine Thrombosierung der V. subclavia und ein Pseudoaneurysma der Arterie.

Röntgen Thorax
Frei belüftet, kein Erguss. Im Anschnitt stellt sich die Fragmentenden der Clavicula dar.

Röntgen rechte Schulter:
Nicht verheilte Claviculafraktur im mittleren Schaftdrittel. Die Fragmentenden sind spitz und abgerundet.

Angio-CT
Gefäßläsion im ehemaligen Frakturbereich der Clavicula. Hier stellt sich eine akute Blutung dar. Es hat sich ein extrathorakales Hämatom entwickelt, das in die Halsweichteile und bis in die Axilla einstrahlt.

Wie sieht Ihre Therapiestrateie aus?

Samstag, 1. April 2017

Fall 61: Die plötzliche Halsschwellung

Zur Aufnshme kommt ein 73-jähriger Patient mit dem Rettungswagen. Er gibt an, dass er seit einer Stunde eine zunehmende Schwellung an der rechten Halsseite bemerkt hätte. Ein Trauma wird verneint.

Klinisch bietet sich Ihnen dieses Bild:


Eigenanamnese:
Bei dem Patienten besteht eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Dafür nimmt er Xarelto 10mg und ASS 100mg ein. Zusätzlich ist ein Diabetes mellitus Typ 2 bekannt sowie ein Hypertonus und eine rheumatoide Arthritis mit Omarthrose rechts und einer ausgedehnten Rotatorenmanschettenläsion. Voroperationen waren 4 Monate zuvor vorausgegangen. Damals hatte sich nach einem Sturz mit einer Rippenserienfraktur 2 bis 10 sowie einer Claviculafraktur ein Hämatothorax gebildet. Es bildete sich ein Pleuraempyem, das videoassistiert thorkokopisch mit einer Decortication versorgt wurde. Der Patient wurde danach beschwerdefrei.
Medikation: u.a. Xarelto 10mg, Ass 100mg, Prednisolon 5mg, MTX...

Untersuchung:
An der rechten Halsseite tastet sich eine derbe prallelastische Resistenz von etwa Faustgröße zwischen der rechten Halsseite und der Supraclaviculargrube. Der rechte Arm ist im Schultergelenk schmerzbedingt nur bis 90° abduzierbar. Peripher wird eine verminderte Sensibilität an der Radialseite des Unterarmes angegeben. Die Kraft ist uneingeschränkt. Der Thorax ist rechts eingesunken jedoch stabil und atemgleich beweglich. Atemgeräusche sind beidseits auskultierbar.

Woran denken Sie?

Dienstag, 28. März 2017

Fall 60: Die verpasste kindliche Radiusfraktur

Zur Aufnahme kommt ein 14-jähriger Jumge. Er wurde beim Fußball gefoult und fiel auf das rechte Handgelenk. Dies wäre angeschwollen und schmerzhaft in seiner Bewegung eingeschränkt.

Bei der Untersuchung findet siche eine kolbige Schwellung des Handgelenkes. Die Beweglichkeit ist schmerzhaft aufgehoben. Es besteht ein isolierter Druckschmerz über dem distalen Radius.

Alles deutet auf eine distale Radiusfraktur. Hier das Röntgenbild.


Beide Bilder sind nicht wegweisend für eine Fraktur. Im Ultraschall dagegen stellt sich folgendes Bild dar:


Hier zeigt sich deutlich eine metaphysäre corticale Lamelle i.S. einer Fraktur.

Zahlreiche Studien zeigen, dass der Ultraschall in der Diagnose insbesondere bei langen Röhrenknochen dem Röntgen gleichwertig ist und bei Kindern der Ultraschall alternativ zum Röntgen eingesetzt werden kann. Insbesondere wenn durch die Ultraschalluntersuchung ein Knochenbruch ausgeschlossen wird, kann sogar auf das Röntgen verzichtet werden. Durch den sinnvollen Einsatz des Ultraschalls lässt sich neben einer deutlichen Beschleunigung der diagnostischen Untersuchung auch eine signifikante Senkung der medizinisch verursachten Strahlenbelastung bei Kindern erreichen, so die Überlegung.

Doch noch immer zählt das Röntgen als der goldenen Standard. Dennoch zeigt dieser Fall, dass beide Verfahren die Treffergenauigkeit erhöhen können. Der Vorteil besteht in der leichten Erlernbarkeit des Ultraschalles, der damit auch im Diesnt Assistenten zur Verfügung stehen kann, seine gute Verfügbarkeit und seine fehlende Strahlenbelastung. Gerade bei schmerzgeplagten Kindern ist eine beliebte Erstmaßnahme, um vom Schmerz abzulenken, eine erste vertrauensbildende Maßnahme auf zu bauen und die Angst vor den weiteren Untersuchungen zu nehmen.


Samstag, 4. März 2017

Was hilft denn überhaupt bei Rückenschmerzen?

Ergebnisse einer neuen Metaanalyse nach ist Paracetamol ist nicht mehr zu empfehlen, Auch wird die Wirkung der beliebten NSAR wird überschätzt.
 
Sas American College of Physicians (ACP) hat seine Praxisleitlinie zur Therapie bei tiefliegenden Kreuzschmerzen überdacht. Dabei stellte sich heraus, dass die Evidenz fast sämtlicher Analgetika nicht belegt ist. Vielmehr treten nun die nicht-medikamentösen Maßnahmen in den Vordergrund. 46 Publikationen wurden dazu ausgewertet, die meisten selbst Metaanalysen. Insgesamt wurden fast 200 Studien in die Analyse einbezogen. Das sind die wichtigsten Resultate:

NSAR: Rund 70 Studien bezogen sich auf den Nutzen einer Schmerztherapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika. In nur vier neueren Studien schnitten solche Substanzen bei akuten Rückenschmerzen geringfügig besser ab als Placebo (8 Punkte Differenz auf eine 100-Punkte-Schmerz-Analogskala), drei Studien fanden keine signifikante Unterschiede. Bei chronischen Schmerzen fand ein Review zu vier Studien einen knapp moderaten Effekt (12 Punkte Differenz zu Placebo), zwei Studien wiesen keine signifikanten Unterschiede nach. Selbst Patienten mit einer Radikulopathie zeigten eine inkonsistente Studienlage. Fazit: Bei chronischen Rückenschmerzen zeigten neuere Studien einen geringeren Nutzen als ältere. Jedoch wird die Schmerzlinderung überschätzt. Ein großer NAchteil gegenüber Placebo besteht in den Nebenwirkungen.

Paracetamol: Der Nutzen von PCM bei Rückenschmerzen wird durch eine große, qualitativ hochwertige und placebokontrollierte Studie bezweifelt. PCM hatte kaum mehr Wirkung als Placebo.

Muskelrelaxanzien: Ein Nutzen für eine kurzfristige Therapie bis zu sieben Tagen bei Patienten mit akutem Schmerz fand ein älterer Review mit 25 Studien. Drei neuere Studien konnten dies bestätigen. Dagegen ist die Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen nicht wirklich belegt. Von Patienten wird häufig der sedierende Effekt und die häufigeren Nebenwirkung als unter Placebo beklagt.

Benzodiazepine: Für Tetrazepam deutet sich eine gewisse Wirksamkeit bei chronischen, nichtradikulären Schmerzen an, nicht so sehr dagegen bei akuter Radikulopathie. Von Nachteil sind die zentralnervösen Nebenwirkungen.

Opioide: 38 Studien fanden bei chronischen Rückenschmerzen für eine kurzfristige Therapie bessere Resultate als Placebo. Der Unterschied war gering (weniger als 10 Punkte auf einer 100-Punkte-Skala). Die Studien hatte jedoch Schwächen. Bemängelt wird, dass nur akute Nebenwirkungen wie Benommenheit und Übelkeit berücksichtigt wurden, nicht aber die Gefahr einer Abhängigkeit und Überdosierung.

Antidepressiva: Diese wurden in 16 Studien bei chronischem Rückenschmerz untersucht. Für Trizyklika und SSRI fanden sich dabei keine Vorteile gegenüber Placebo. Drei neuere Untersuchungen zu Duloxetin deuten auf einen geringen Vorteil (weniger als 6–8 Punkte Differenz), auch fand sich zum Teil eine geringe funktionelle Verbesserung. Eine kleine Studie mit 85 Patienten erkannte hingegen keinen Unterschied zwischen Duloxetin und Escitalopram.

Antikonvulsiva: In zwölf Studien bei Patienten mit chronischen Schmerzen wurde Pregabalin, Gabapentin und Topiramat geprüft. Die Resultate waren eher negativ bei nichtradikulären und widersprüchlich bei radikulären Schmerzen. Die Evidenz war ungenügend für eine sichere Beurteilung.

Systemische Kortikoide: Zehn ausgewertete Studien wiesen keine positiven Effekte nach. Weder Injektionen noch Tabletten schnitten bei akuten Schmerzen wesentlich besser ab als Placebo, auch funktionelle Verbesserungen waren eher gering.

Fazit:  Die meisten Substanzklassen zeigen zwar eine gewisse Wirksamkeit bei akuten oder chronischen Rückenschmerzen, aber meist sind diese kurzfristig und von geringer Wirksamkeit  Paracetamol und Trizyklika fielen aufgrund neuer Daten von der Liste der wirksamen Optionen.

Nur für NSAR, Opioide und Duloxetin deuteten die Studien auf einen geringen, gelegentlich moderaten Effekt bei chronischen Kreuzschmerzen.

Entsprechend zurückhaltend gibt sich auch die aktualisierte ACP-Leitlinie. „Ärzte sollten Patienten mit akuten oder subakuten Schmerzen im unteren Rückenbereich darauf hinweisen, dass die Schmerzen in der Regel wieder von selbst verschwinden“, erläutert der ACP-Vorsitzende Dr. Nitin Damle „Sie sollten auch unnötige Tests sowie teure oder potenziell schädliche Medikamente vermeiden.“

Bei chronischen Kreuzschmerzen raten die US-Leitlinien primär zu mehr körperlicher Bewegung, Gymnastik, multidisziplinären und nichtmedikamentösen Verfahren mit Akupunktur, Yoga oder Stressreduktion. Genügt das nicht, sollten Ärzte eine Behandlung mit NSAR erwägen. Opioide seien möglichst zu meiden.