Translate this page

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Proximale Femurfrakturen: OP Zeitpunkt entscheidend

Die meisten ergebnisbezogenen Daten über die häufigen und kostenintensiven hüftgelenknahen Frakturen leiten sich aus der externen Qualitätssicherung oder klinischen Studien ab. Die hier vorliegende Arbeit verknüpft Routine- mit Krankenkassendaten, um Langzeitergebnisse von einem Jahr und z. T. darüber hinaus abzubilden, die bisher nicht erfasst wurden. Unser Modell wurde entwickelt, um den Einfluss einer frühen Operation auf Letalität, Dekubitus und Frührevisionen zu untersuchen. Außerdem wurden die Auswirkungen auf die Lebenssituation der Betroffenen anhand von Pflegedaten überprüft.

Material und Methoden
Es wurden 7905 Patienten untersucht. Die deskriptiven die Grundgesamtheit beschreibenden Daten erfassen den stationären Aufenthalt (Häufigkeiten, Operationsverfahren, Frühkomplikationen, Nebendiagnosen, Verweildauer) und den Verlauf danach (Pflegeangaben, Spätkomplikationen). Die berechneten Daten der analytischen Statistik zeigen Zusammenhänge, ob die präoperative Verweildauer die Ergebnisparameter (Letalität, Dekubitus, Spätrevision) verändert. Eine Risikoadjustierung durch die Komorbiditäten mit Hilfe von Nebendiagnosen wurde durchgeführt.

Ergebnisse
Betroffen waren mehr Frauen, das Altersmittel betrug 81,5 Jahre. Größte Entität war die Schenkelhalsfraktur. Die Operation erfolgte bei 77 % am 1. Tag nach Aufnahme. Marknägel und Prothesen dominierten. Die häufigsten Nebendiagnosen waren Diabetes, Demenzen, chronisch ischämische Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz.

Es fanden sich je 6 % Früh- und Spätkomplikationen; ca. 50 % der Patienten verschlechterten sich postoperativ in der Pflegestufe. Fast 40 % wechselten von ambulanter in stationäre Pflege. Der Operationszeitpunkt beeinflusste alle Ergebnisparameter. Das relative Risiko für die Letalität, Dekubitus und Frührevision erhöhte sich bei Operation nach über 24 h um ca. ein Drittel. Die Sterblichkeit der Operierten nach > 24 h lag um 6 % höher. 3172 Patienten verstarben im Beobachtungszeitraum. Die Letalität erreichte nach 30 Tagen 9,9 % und im 1. Jahr 26,9 %.




Literatur:
C.M. Müller-Mai, U.S. Schulze Raestrup, T. Kostuj, G. Dahlhoff, C. Günster, R. Smektala  Der Unfallchirurg  2015/9:  780-794

Freitag, 16. Oktober 2015

Fall 48: Der symptomatische Knieerguss MRT


Sie sehen eine cystische Veränderung im lateralen Tibiaplateau!


Neben dem Röntgen wird auch zur weiteren Differenzierung ein MRT veranlasst.




 Was ist es?


Fall 48: Der symptomatische Knieerguss - Die subchondrale Geröllcyste


Das Röntgen zeigt eine unschriebene cystische Formation im lateraled Tibiaplateau. Im MRT stellt sie sich subchondral als signalreich dar.

Diagnose:
Subchondrale Geröllcyste

Subchondrale oder Geröllzysten sind Folge einer tiefen Knochenschädigung im Gelenk. Sie stellt in der Regel eine mit Flüssigkeit gefüllte Vertiefung durch Beschädigung bis in den Markraum dar. Als Ursachen kommen statischen Fehlbelastungen, die traumatische Beschädigung des Korpels, Störungen der enchondralen Ossifikation, Fissuren im Knorpel und subchondralen Knochen, vaskuläre Störungen, Infektionen und auch erhöhte Konzentrationen von Prostaglandin E2 sowie Interleukine (IL) 1 und 6 in Frage.

Bei älteren Menschen dominiert die langsame Abrasion (Abrieb) der Knorpelschichten. Sind diese aals Schutzschicht verbraucht, reiben die Gelenkknochen gegeneinander, infiltrieren ineinander und verursachen Arthrose. Es entstehen Löcher in der Kortikalis mit einer Impression von Knorpelanteilen oder der Synovialis in den subchondralen Knochen. Einsprossendes Gefäßbindegewebe baut diese Anteile ab. Zurück bleiben mit zerfallenden Gewebsresten angefüllte Vertiefungen mit verkalkter Begrenzung.


Therapie:
Die Therapie der Cysten richtet sich nach der Größe und Lokalisation. Während kleine Cysten arthroskpisch debridiert und mit markraumstimulierenden Techniken angefrischt werden können, werden die Therpieoptionen mit zunehmeder Größe aufwändiger. In diesem Fall wurde aufgrund der gleichzeitig bestehenden Pangonarthrose eine Knieprothese implantiert und die Defekte mit der angefallenen Spongiosa impaktiert unf aufgefüllt.

Montag, 12. Oktober 2015

Fall 48: Der symptomatische Knieerguss



Zur Aufnahme kommt eine 70-jährige Patientin. Sie klagt über eine seit 3 Tagen bestehende Schwellung des linken Kniegelenkes. Ein Trauma wird verneint. Die Schwellung ist schmerzfrei. Sie könne belasten, aber nicht beugen.

Eigenanamnese:
Bei der Pat ist eine terminale Niereninsuffizienz mit Dialysepflicht bekannt, auch ein Hypertonus.

Körperlicher Befund:
Das linke Knie zeigt eine Verplumpung der Kontur. Keine Rötung, keine Überwärmung. Flexion/Extension 60/0/0°. Stabile Bandführung. Palpabler Erguß von ca 100ml.

Es wird ein Röntgen veranlasst.




Und nun?

Montag, 5. Oktober 2015

Fall 47: Nicht immmer eine Bandverletzung - Tillaux Fraktur


Sie sehen über dem "b" eine Frakturlinie. Diese epiphysäre Fraktur nennt man "Tillaux Fraktur" oder "Übergangsfraktur".
Sie findet sich bei zunehmendem Verschluss der Epiphysenfuge. 



Der Verschluß der distalen Tibiaepiphysenfuge beginnt am medialen Malleolus, breitet sich zunächst nach dorsal und danach nach lateral aus. Somit verknöchert der anterolaterale Anteil der distalen Tibiafuge zuletzt. Aufgrund der veränderten Biomechanik zeigen sich in dieser Zeit spezifische stereotype Verletzungsmuster, die sogenannten Übergangsfrakturen. Kurz vor Wachstumsabschluss kann es zum Ausbrechen eines kleinen anterolateralen epiphysären Fragmentes im Sinne eines knöchernen Syndesmosenausrisses kommen.


Während bei undislozierten Fragmenten konservativ therapiert werden sollte, besteht bei Dislokation die Indikation zur Reposition des Fragmentes und zur Schrauben oder Kirschnerdrahtosteosxnthese. Eine Stellschraube ist nicht nötig da die Syndesmose selbst intakt bleibt.

Samstag, 26. September 2015

Fall 47: Nicht immer eine Bandverletzung des Sprunggelenkes!



Bei einer Distorsion (Verstauchung) führen besondere Kräfte auf ein Gelenk zu einer meist unerwarteten, erzwungenen Bewegung, die den normalen Bewegungsspielraum des Gelenks überschreitet. Das Ausmaß der Schädigung hängt von Art, Richtung und Dauer der einwirkenden Kraft und der Position des Fußes und Sprunggelenkes sowie der Stabilität der das Gelenk umgebenden Strukturen ab. So kann es über Überdehnungen zu Zerreißungen von Band- und Kapselstrukturen kommen. Wirkt die Kraft jedoch weiter ein, können auch stabilere Strukturen beschädigt werden und zu Frakturen führen.
Ein gängiges Erklärungsmodell hat Lauge-Hansen entwickelt. In der nach ihm benannten Klassifikation beschreibt 1950 er die möglichen Verletzungsmuster in Abhängigkeit von der Position des Fußes/Sprunggelenkes.

Fast 80% der Sportverletzungen am OSG werden durch Leichtathletik und Ballspiele verursacht. Die Verletzungsfolgen sind in 15%. Prellungen, in über 80% Bandläsionen und nur in 2% Frakturen.

Welches Ausmaß die Verletzung hat, ist allein anhand der Symptome nicht immer deutlich zu unterscheiden.

Anamnestisch wichtig ist die Frage nach der Belastbarkeit. Geringe Verletzungen hinterlassen i.d.R. noch eine Belastbarkeit, Rupturen oder Frakturen dagegen nicht mehr. Symptome treten bei Dehnungen gerne zeitverzögert auf. Patienten berichten, dass sie das Spiel noch beenden konnten und nachfolg erst Schmerzen und eine Schwellung entwickelt hätten. Bei Zerreißungen oder Brüchen dagegen treten die Beschwerden unmittelbar auf und zeichnen sich durch eine rasche Schwellung aus.

Klinisch sollte sich eine Schwellung finden lassen. Ihre Lokalisation ist pathognomonisch für die mögliche Verletzung, ebenso wie der Ort des Druckschmerzes. Der eingeschränkte Bewegungsumfang dagegen ist unspezifisch. Eine Funktionsprobe der Bänder wird häufig schmerzbedingt nicht toleriert. Die Untersuchung muss neben den Außenknöcheln, die MFK-5-Basis, die Achillesehne, die Syndesmose sowie die proximale Fibula einschließen.

Der Sinn eines Röntgenbildes wird oft von Müttern mit ihren Kindern kontrovers wegen der Strahlung diskutiert. Nach den Ottawa-Ankle-Rules sollten druckschmerzahfte Malleolen geröntgt werden. Kinder können häufig keine differenzierte Symptomatik angeben. Das Röntgenbild sorgt hier gerne für Überraschungen hinsichtlich nicht vermuteter Verletzungen.

Beispiel:
Ein 13-jähriger Junge knickt beim Fußball i.S. einer Supination mit dem OSG um. Er mußte das Spiel sofort abbrechen und klagte über eine fehlende Belastbarkeit. Es setze eine moderate Schwellung im OSG ein. Er stellte sich an Krücken unter Entlastung gehend ein.

Klinisch fand sich ein verplumptes OSG. Der Bewegungsumfang war schmerzbedingt aufgehoben. Es wurde ein Druckschmerz bei Kompression beider Malleolen angegeben. Ligamente, Achillessehne, proximale Fibula und MFK-5 waren unauffällig. Frick Test war positiv.

Radiologisch fand sich dieses Bild:





Alles normal?

Samstag, 19. September 2015

Gibt es ein Risiko von Gelenkinfektionen nach intraartikulärer Injektion vor Knieprothesen?

Bis zu 30% der Patienten mit einer Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP) erhalten vor der Operation eine intraartikuläre Steroidinjektion zur kurzfristigen Schmerzkontrolle. Über die Wirksamkeit dieser Maßnahme gibt es allerdings nach wie vor Diskussionen. Immer wieder werden zudem Befürchtungen hinsichtlich eines erhöhten Infektionsrisikos laut. Studien hierzu haben kontroverse Resultate erbracht.

Nirav Amin und Kollegen haben mit einer parallelen Kontrollgruppe untersucht, welches Risiko Injektionen von Steroiden oder Hyaluronsäure mit sich bringen. Hierzu analysierten sie Daten von 1628 Patienten im Alter von durchschnittlich rund 64 Jahren retrospektiv über einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren. 48% der Studienteilnehmer hatten eine präoperative Injektion erhalten (Steroide: 360 Patienten; Hyaluronsäure 423 Patienten). Subgruppen wurden gebildet, je nachdem, wie viel Zeit zwischen der Injektion und der Operation vergangen war (0–3; 3–6; 6–9; 9–12 und > 12 Monate). Die 52% der Patienten, die keine Injektion vor der TEP erhalten hatten oder deren Injektion mehr als zwölf Monate zurücklag, bildeten die Kontrollgruppe.

Insgesamt wurden 16 (0,98%) tiefe Wundinfektionen nach den Kriterien der „Musculoskeletal Infection Society“ (MSIS) diagnostiziert, zehn davon bei Patienten ohne und sechs bei Patienten mit Injektion. Die Infektionen traten in einem Zeitraum von durchschnittlich fünf bzw. 8,67 Monaten auf.

Die Ergebnisse der Untersuchung, so Amin und Kollegen, ließen keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich des Infektionsrisikos erkennen. Die Odds Ratio für eine tiefe Infektion in der Injektionsgruppe vs. Kontrollgruppe lag bei 1,544 (p = 0,4022). Auch wenn die Wirkstoffe einzeln betrachtet wurden, ergab sich kein signifikanter Unterschied gegenüber der Kontrollgruppe.
Das Resümee von Amin und Kollegen: Patienten, die aufgrund von Schmerzen eine intraartikuläre Injektion benötigen, sollten über potenzielle Risiken und Nutzen der Maßnahme aufgeklärt werden. Der Zeitpunkt der Injektion habe allerdings keinen Einfluss auf das postoperative Infektionsrisiko.



 Amin NH et al. The Risk of a Deep Infection Associated With Intra-Articular Injections Prior to a Total Knee Arthroplasty. J Arthroplasty 2015, online 19. August; doi: 10.1016/j.arth.2015.08.001

Dienstag, 8. September 2015

Analer Juckreiz: Nicht immer Hämorrhoiden!

Erkrankunge der Analregion können sich in vielfachen Symptomen äußern. Dazu gehören Brennen, Nässen, Schmerzen, Juckreiz oder Blutungen. Doch nicht immer müssen es Hämorrhoiden sein. Andere Erkrankungen können sich dahinter verbergen, z.B. ein Ekzem, eine Infektionen oder ein Morbus Crohn bis hin zum Anal- bzw. Kolonkarzinom. Eine genaue Anamnese ist wegweisend für die jeweilige Grunderkrankung. 
 
 Der anale Juckreiz ist häufig aber auch sehr unspezifisch. In der Regel findet sich eine Ursache. Selten dagegen bleibt sie ungeklärt. Dann spricht man von einem „Pruritus sine materia“ , der Ausdruck einer Somatisierungsstörung sein kann. Ätiologisch kommen zahlreiche dermatologische, allergologische und proktologische Erkrankungen in Betracht. Meist ist der Pruritus mit einem Ekzem kombiniert, welches kontaktallergisch, irritativ-toxisch oder atopisch sein kann.

Proktologische Ursachen eines brennenden, manchmal sogar schmerzhaft empfundenen Juckreizes sind Marisken, Hämorrhoiden, Analfissur, Perianalthrombose, Analfistel und periproktitischer Abszess. „In den meisten Fällen handelt es sich aber um ein kumulativ-toxisches Ekzem. Dies werde primär durch Kotrückstände induziert. Durch inadäquate und nicht selten übertriebene Reinigungsprozeduren, aber auch wiederholte Behandlungsversuche mit verschiedenen, z. B. steroidhaltigen Lokaltherapeutika wird dann einen Circulus vitiosus in Gang gesetzt, der einen chronischen sich verschlechternden Prozess vorantreibt. Nicht selten kommt es dann auch zur Ausbildung multipler Allergien auf Bestandteile der eingesetzten Lokaltherapeutika oder Reinigungsmittel, z. B. in den imprägnierten Feuchttüchern.

Cave! Maskierter Tumor
Doch hinter dem Ekzem kann sich auch eine schwerwiegende andere proktologische Erkrankung verbergen. Tumoren können durch ein Ekzem maskiert werden. Gut- als auch bösartige Tumoren können ein Ekzem vortäuschen oder sich in einem Ekzemareal verbergen. Dazu gehören Fibrome und der Morbus Paget ebenso wie Basaliome, Karzinome, Melanome und Lymphome. Deshalb sollte die Indikation für eine Biopsie sehr großzügig gestellt werden, vor allem bei persistiernden Ekzemen.

Juckreiz und Systemerkrankungen
Quälendem Juckreiz ohne Ekzems muss zunächst an Systemerkrankungen denken lassen, z.B. Diabetes mellitus, Leber- und Nierenerkrankungen und hämatologische Systemerkrankungen wie die Polycythaemia vera oder der M. Hodgkin. Dieser geht jedoch i.d.R. mit einem generalisierte Juckreiz einher. Auch lokale Infektionen wie Pilzinfektionen oder das Erysipel können ursächlich sein, ebenso sexuell übertragene Infektionen. Bei den entzündlichen Dermatose können sich eine Psoriasis oder Lichen ruber mit Juckreiz äußern. Selten manifest sich ein ein Morbus Crohn mit Juckreiz als Erstsymptom.

Der flüchtige Analschmerz!
Eine Proctalgia fugax ist ein heftiger, plötzlich einschießender Schmerz im Analkanal, der gerne nachts ohne erkennbaren Auslöser auftreten und über einige Minuten bis zu einer Stunde anhalten und spontan wieder verschwinden kann. Die Schmerzsymptomatik tritt unregelmäßig auf, manchmal in kurzen Abständen, dann wieder erst nach monatelanger asymptomatischer Pause. Eklärungsversuche beinhalten psychosomatische, vegetativ-dystone und hormonelle Ursachen bishin zu Spasmen der Sphinktermuskulatur und des Levator ani oder einer Einengung des Nervus pudendus. Eine befriedigende Erklärung gibt es bislang nicht. Zudem bleiben die Untersuchungen unauffällig.

Wie die diskutierte Ätiologie so sind auch die empfohlenen Therapiestrategien sehr heterogen. Das Spektrum reicht von der Psychotherapie und autogenem Training über lokale Wärmebehandlung und lokal oder systemisch verabreichte Spasmolytika bis hin zur Injektionsbehandlung des Nervus pudendus.

Fazit für die Praxis
  1. Häufigste Ursache beim analen Juckreiz ist ein kumulativ-toxisches Ekzem
  2. Spezifische proktologische Erkrankungen und entzündliche Dermatosen können der Auslöser sein
  3. Differentialgiagnostisch sollte ein Tumorgeschehen ausgeschlossen werden
  4. Bei der Proctalgia fugax ist die Ursache und eine probate Therapie ungeklärt.
MMW - Fortschritte der Medizin 2015/11.Urban & Vogel (2015): 121. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 18.4.2015 in Mannheim