Bei distalen Radiusfrakturen führt die
palmare Plattenosteosynthese mittel- bis langfristig nicht zu besseren
funktionellen Ergebnissen als die perkutane Stabilisierung mit
Kirschnerdraht. Das legt eine randomisierte Studie aus Großbritannien
nahe.
Dislozierte Frakturen am distalen Radius werden in letzter
Zeit immer öfter mit einer beugeseitigen Platte versorgt. Damit will man
Probleme wie z. B. Sehnenreizungen, die nach perkutanen Verfahren
gelegentlich auftreten, vermeiden. Das britische Team um Alexia
Karantana vom Queens Medical Center in Nottingham hat nun die
funktionellen Ergebnisse dieser Methode – der offenen
Plattenosteosynthese von palmar – mit der perkutanen Versorgung mittels
Kirschnerdraht bei insgesamt 128 Patienten mit dislozierter distaler
Unterarmfraktur verglichen, und zwar nach sechs Wochen, nach drei
Monaten und nach einem Jahr. Die Patienten beider Gruppen waren zwischen
18 und 73 Jahre alt. Alle Patienten erhielten postoperativ einen
Gipsverband und wurden angeleitet, Fingerübungen durchzuführen. Bei den
mit Bohrdraht versorgten Patienten stand es im Ermessen des Operateurs,
bei unzureichender Stabilität zusätzlich einen Fixateur externe
anzubringen. Letzteres war bei elf von 64 Patienten (17%) der Fall.
Nach drei Monaten kein Unterschied mehr
Während
die Plattenosteosynthese dem perkutanen Verfahren kurzfristig
funktionell überlegen war, hatte sich dieser Unterschied bereits nach
zwölf Wochen verflüchtigt. Die Funktion des Handgelenks hatten die
Autoren mit dem PEM-Score (Patient Evaluation Measure) gemessen. Dieser
erfasst Parameter wie Gefühl, Kälteintoleranz, Schmerz, Beweglichkeit,
subjektive Griffkraft und Alltagsaktivitäten und reicht von 0 (optimales
Ergebnis) bis 100 Punkte (vollständige Behinderung).
Die
Werte in der Platten-Gruppe hatten sich im Beobachtungszeitraum von 34
Punkten nach Woche sechs auf 24 Punkte nach drei Monaten und 17 Punkte
nach einem Jahr verbessert. In der Vergleichsgruppe verlief die
Entwicklung von 45 über 27 bis hin zu 18 Punkten. Das heißt, nur in den
ersten sechs Wochen nach der Op. hatten die Patienten signifikant von
der Plattenosteosynthese profitiert (p < 0,001).
Auch
im QuickDASH-Score, einem Selbstauskunftsbogen zu körperlichen
Symptomen und Funktion, war die Plattenosteosynthese der perkutanen
Versorgung nur anfänglich überlegen. Nach einem Jahr war der Unterschied
nahezu ausgeglichen (p = 0,313).
Zwar hatten
sich deutlich mehr Patienten in der offen versorgten Gruppe bereits nach
sechs Wochen wieder ans Steuer eines Autos gesetzt, aber auch hier
zogen die Patienten der Vergleichsgruppe bald nach: Zur Visite in Woche
zwölf war kein signifikanter Unterschied mehr erkennbar (p = 0,598). Auf
die Dauer der Krankschreibung hatte die Wahl der Methode fast keinen
Effekt.
Röntgenbefund ohne funktionelle Entsprechung
Bei
der Griffkraft und beim Bewegungsausmaß (Flexion) waren die Patienten
mit Platte im Arm zu allen Beobachtungszeitpunkten den „gedrahteten“
Patienten überlegen. Die verbesserte anatomische Reposition hatte sich
jedoch offenbar nicht in den funktionellen Scores niedergeschlagen,
betonen die Autoren. Insgesamt waren alle Frakturen in beiden Gruppen
verheilt, die Komplikationsrate war in der Kontrollgruppe leicht, aber
nicht signifikant erhöht.
Für die Kommentatoren
um Dr. Charles S. Day von der Harvard Medical School in Boston zeigt die
Studie ein erhebliches Einsparpotenzial auf: „Wenn Patienten
tatsächlich nicht länger als sechs bis zwölf Wochen von der volaren
Plattenosteosynthese profitieren – ganz zu schweigen von der
Komplikationsrate, die bei bis zu 27% liegt – müssen wir uns fragen, ob
dieses Ergebnis die zusätzlichen Kosten gegenüber einer Versorgung mit
Kirschner-Draht rechtfertigt“, so die Experten.
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Karantana A et al. Surgical Treatment of Distal Radial Fractures with a Volar Locking Plate Versus Conventional Percutaneous Methods. J Bone Joint Surg Am 2013; 95: 1737–44; doi: 10.2106/JBJS.L.00232