Medizinische Helfer leben gefährlich
Medizinischer
Notdienst in Deutschland ist nicht ungefährlich – für die Helfer,
wohlgemerkt. In der Studie „Gewalt gegen Rettungskräfte“ [1]
aus dem Jahr 2012, unternommen am Lehrstuhl für Kriminologie,
Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum,
berichteten 59% der befragten 2048 Rettungsdienstmitarbeiter von
gewalttätigen Übergriffen während der vorangegangenen zwölf Monate: Die
Rettungsdienstler wurden angespuckt, gebissen, gekratzt, weggeschubst,
an den Haaren gezogen, gewürgt, geschlagen, getreten, mit Gegenständen
und sogar Waffen bedroht oder angegriffen. Beleidigungen waren da gar
nicht mitgerechnet; Bekanntschaft mit verbaler Gewalt hatten fast alle
Befragten gemacht.
Einen besonderen
strafrechtlichen Schutz gegen gewaltsame Übergriffe, wie ihn etwa
Vollstreckungsbeamte (Polizisten, Gerichtsvollzieher) nach § 113
Strafgesetzbuch (StGB) genießen, gibt es für Angehörige von
Rettungskräften erst seit November 2011. Damals wurden einschlägige
Paragrafen des Strafrechts entsprechend geändert. Wie Christian Jäkel,
Rechtsanwalt und Arzt in Lübben, in einem Aufsatz für die Zeitschrift
„Notfall + Rettungsmedizin“ [2]
berichtet, schützte § 114 StGB davor bereits Nichtamtsträger, die
Rechte und Pflichten eines Amtsträgers im Sinne von § 113 besaßen, sowie
zur Unterstützung zugezogene Personen. Nun heißt es im ergänzenden
Absatz 3 zu § 114: „Nach § 113 wird auch bestraft, wer bei
Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der
Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes durch
Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert oder sie dabei tätlich
angreift.“ Auch die Arbeit von Notärzten wird von der Neuregelung
erfasst.
Bis zu fünf Jahre Gefängnisstrafe
Zudem
ist das Strafmaß verschärft worden, die Freiheitsstrafe nach § 113
beträgt nun bis zu drei Jahre. In besonders schweren Fällen muss der
Täter sechs Monate bis zu fünf Jahre hinter Gitter. Ein solcher Fall
liegt etwa dann vor, wenn der Angreifer eine Waffe oder andere
gefährliche Werkzeuge in der Absicht mit sich führt, sie zu verwenden.
Auch wenn der gewaltsame Angriff den Angegriffenen in die Gefahr bringt,
zu sterben oder schwere Gesundheitsschäden davonzutragen, ist ein
besonders schwerer Fall gegeben.
Eine weitere Neuerung betrifft §
305a StGB, der sich mit der „Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel“
befasst. Wer rechtswidrig für den Einsatz wesentliche Arbeitsmittel oder
Fahrzeuge von Rettungsdiensten teilweise oder ganz zerstört, muss nun
mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Und im Gegensatz zum oben
genannten § 114 Abs. 3 ist hier bereits der Versuch strafbar.
1. Schmidt J, Gewalt gegen Rettungskräfte. Bestandsaufnahme zur Gewalt gegen Rettungskräfte in Nordrhein-Westfalen. Bochum 2012
2. Jäkel C, Strafrechtsverschärfung bei Angriffen auf Rettungskräfte. Notfall Rettungsmed 2012, 15: 705–8 [CrossRef]