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Freitag, 16. Januar 2015

Achillessehnenriss: Ist kleben besser?

Welches die optimale Methode zur Versorgung einer akuten Ruptur der Achillessehne ist, wird seit geraumer Zeit diskutiert. Zu den herkömmlichen operativen Verfahren – offene und perkutane Naht – hat sich in den letzten Jahren noch eine weitere Technik gesellt: die Adaptation mittels Fibrinkleber. Diese Methode gibt es schon länger, wird jedoch aufgrund der hohen Kosten nicht als Routineeingriff eingesetzt.
Nun haben Knobe et al die Methode in einer retrospektiven Vergleichsstudie der Perkutannaht gegenübergestellt. Das Ergebnis: Kein nennenswerter Unterschied hinsichtlich Funktionalität und allgemeiner Patientenzufriedenheit und sogar gewisse Vorteile in puncto Komplikationen beim Kleben.

Die Studie beruht auf den Daten von insgesamt 64 erwachsenen Patienten mit akuter Achillessehnen-ruptur, die in zwei verschiedenen Traumazentren operiert wurden. Das eine Zentrum hatte den Fibrinkleber eingesetzt: Dazu wurde eine 6 cm lange Inzision einen Zentimeter medial der Achillessehne geführt. Nach Hämatomausräumung und minimalem Débridement der Sehnenstümpfe wurden Letztere adaptiert und verklebt. Das umgebende Gleitgewebe (Paratenon) verschloss man mit resorbierbaren Nähten. Die Daten von 37 so versorgten Patienten gelangten zur Auswertung.

Im zweiten Zentrum hatte man 27 Fälle mit der perkutanen Technik nach Buchgraber und Pässler versorgt. Der Zugang erfolgte über eine maximal 10 mm lange Inzision quer über der Sehne sowie durch insgesamt vier Stichinzisionen: medial und lateral, jeweils 8 cm proximal der Ruptur sowie an der Insertion der Sehne am Fersenbein.

Alle Patienten hatte man postoperativ in maximaler Plantarflexion sechs Tage lang immobilisiert. Danach trugen die Teilnehmer sechs Wochen lang eine funktionelle Schiene mit begrenzter Dorsiflexion.

Komplikationen hatten sich bei 35% der Patienten in der Gruppe mit Fibrinkleber und bei 67% in der Vergleichsgruppe eingestellt – ein knapp nicht signifikanter Unterschied. Im Trend zeigten sich bei den Patienten mit der geklebten Sehne etwas häufiger Parästhesien und Fälle von verzögerter Wundheilung. Dafür ereigneten sich hier weder Thrombosen noch Rerupturen. Nach Perkutannaht hatten zwei Patienten eine Thrombose entwickelt, in einem Fall kam es zu Re-Ruptur. In einem Punkt war der Vorteil des Klebers signifikant: Die Patienten spürten weniger Schmerzen am hinteren Schuhrand (p = 0,03).

Zur Überprüfung der Funktionalität hatten die Forscher folgende Parameter angelegt: Knöchel- und Unterschenkelumfang, Zehengang, Fersengang, Einbein-Zehenstand, Aufstehen aus der Hocke und Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten. In keinem dieser Parameter war ein deutlicher Unterschied zwischen den Gruppen zu erkennen, ebenso wenig bei der Beurteilung der Sehne mittels Ultraschall.
Verletzungsgefahr bei perkutaner Technik

Bei perkutaner Technik, so Knobe und Kollegen, bestehe grundsätzlich immer das Risiko, den Nervus suralis zu verletzen. Diese Gefahr sei bei der Variante mit dem Fibrinkleber, bei der die Sehne offen dargestellt wird, deutlich geringer. Auch die Tatsache, dass man dabei ein vorliegendes Hämatom ausräumen könne, sei für die Heilung von Vorteil.

Letztlich sehen die Autoren im Fibrinkleber trotz der hohen Kosten eine „sinnvolle Alternative“ zur Behandlung der akuten Achillessehnenruptur. Aufgrund des retrospektiven Designs der Studie und der geringen Patientenzahl lassen sich jedoch keine definitiven Empfehlungen ableiten. Bei der Entscheidungsfindung solle man sich von Patientencharakteristika und dem jeweils verfügbaren Reha-Protokoll leiten lassen.

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Knobe M et al. Is percutaneous suturing superior to open fibrin gluing in acute Achilles tendon rupture? Int Orthop 2014; online 13. Dezember; doi: 10.1007/s00264-014-2615-4

Montag, 12. Januar 2015

Vorderer Knieschmerz: Arthroskopie hilft nur selten



Der vordere Knieschmerz ist ein hartnäckiges Symptom, das Therapeuten und Patienten oft verzweifeln lässt. Eine Operation wird oft als letzter Ausweg angesehen. Deren Erfolg ist jedoch selten dauerhaft.

Der vordere Knieschmerz hat viele Synonyme, wie z.B. Chondromalazia patellae, Patella malalignment oder Patellofemorales Schmerzsyndrom. Es tritt bei 25% der Sportler[1] auf undbetrifft die Rückfläche der Kniescheibe und wird mit einem Knorpelschaden assoziiert oder als Präarthrose angesehen. Knorpel ist jedoch nicht neuronal versorgt und oberflächliche Knorpelschäden nicht schmerzhaft. Erst Defekte, die bis auf die subchondrale Zone reichen, wirken sich schmerzhaft aus.

Sie sind Folge einer De-Zentrierung im patellofemoralen Lager. Die Patella unterliegt bei der Bewegung des Kniegelenkes einem komplexen Zusammenspiel aktiver muskulärer und passiver ligamentärer Kräfte zwischen Becken und Sprunggelenk. So stehen die Zugkräfte des medialen und der lateralen Anteils des M.quadriceps in einem ausgewogenen Verhältnis. Bei Patienten mit vorderem Knieschmerz liegt häufig eine Schwächung oder mehr tonische Innervierung des medialen Vastus vor. Daraus resultiert eine Verkippung und Mehrbelastung der lateralen Facette.

Die körperliche Untersuchung muss die statischen und dynamischen Aspekte berücksichtigen. Bei Inspektion kann eine Atrophie des Vastus medialis auffallen. Ist die Patella weit lateralisierbar, kann dies zudem Hinweis für eine Insuffizienz des medialen Retinakulums sein, z.B. nach früherer Patellaluxation. Auf ein Genu recurvatum sollte geachtet werden. Hieraus resultiert oft ein muskuläres Überwiegen der Hamstrings mit einer vermehrten Kniebeugung und einer Hyperkompression der Patella. Dies kann sich sogar auf das Sprunggelenk mit einer kompensatorischen Überpronation übertragen.

An der Hüfte führt eine Insuffizienz der Abduktoren und Außenrotatoren zu einem Gangbild mit innenrotiertem Fuß. Es resultiert eine Mehrbelastung des Tractus ileotibialis, der durch vermehrten Zug bei Beugung die Patella nach lateral verkippt.

Schließlich durchlaufen Sprunggelenk und Tibia beim Laufen einen Prozess der Pro- und Supination im Sprunggelenk und eine begleitende Rotation der Tibia. Ist dieser Ablauf behindert, verbleibt die Tibia in einer verlängerten Außenrotation. Der Femur muss nun kompensatorisch innenrotieren und zwingt zu einer Lateralisation der Patella.

Bei der Bildgebung helfen das native Röntgen mit Patella Tangentialaufnahmen oder ein CT. Damit können Beinachsdeformitäten, Patellaanomalien und –position ausgemessen werden. Dazu wird der Q-Winkel, die Kongruenz im patellofemoralen Gelenk, die Position und die Höhe der Patella bestimmt.

Auch sollte ein EMG bei muskulärer Genese erwogen werden. Eine Pedografie kann Störungen im Gangbild aufdecken.

 



Lateralisierte und „verkippte“ Patella im Röntgen und MRT, rechts Dysplasie
   
 
Bevor chirurgisch interveniert wird, muss der Patient intensiv physiotherapeutisch behandelt werden. Muskuläre Dysbalancen sollten ausgeglichen werden. Dazu kann ein Oberflächen-EMG helfen, dem Patienten über ein Bio-Feedback gezielt Muskeln anzusprechen. Ein zusätzliches Tapen der Patella kann das Bemühen unterstützen, die Patella korrekt zu zentrieren, bis der Vastus medialis dies übernehmen kann[2]. Eine Überpronation im Sprunggelenk sollte korrigiert werden[3].

Die Arthroskopie des Kniegelenkes wird als minimal-invasive Diagnostik zur weiteren Evaluierung mit der gleichzeitigen Chance der Therapie angesehen. Es finden sich unterschiedliche typische Befunde. An der lateralen Facette fallen gehäuft blasige Knorpelabhebungen bei intakter Oberfläche auf. An der medialen Seite dagegen sieht man öfter tiefe Defekte i.S. einer Arthrose. Die Möglichkeiten einer kausalen Therapie sind gering.

Kettunen von der ORTON Universität Helsinki[4] konnte in einer randomisierten Studie nachweisen, dass arthroskopierte Patienten nicht von ihrem Eingriff profitierten. Gegenüber konservativ geführten Patienten kam es zu keiner Verbesserung ihrer Beschwerden nach 9 Monaten. Dem gegenüber standen die ökonomischen Aspekte der Krankenhauskosten und einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 8 Tagen.

Viel versprechender dagegen sind Weichteileingriffe, die das Re-Aligment der Patella anstreben[5]. Natürlich können diese arthroskopisch assistiert durchgeführt werden, um das intraoperative Ergebnis zu kontrollieren. Es stehen eine Vielzahl an Weichteileingriffen bis hin zur Tuberositastansposition zur Verfügung. Allerdings muss bei der Komplexizität des Krankheitsbildes für ein erfolgreiches Ergebnis die Indikation stimmen.


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