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Montag, 4. August 2025

Fall 87: Der Schlag auf's Auge



Eine 47-jährige Patientin stellt sich in der Notaufnahme vor. Bei einer Auseinandersetzung mit ihrem Freund habe er ihr  einen Stoß mit dem Ellenbogen verpasst und das rechte Auge getroffen. Sie könne zwar noch sehen, habe jedoch eine zunehmende Schwellung um das Auge.

Eigenanamese:

Es werden keine Grunderkrankungen angegeben. Keine Einnahme von Antikoagulanzien.

Körperliche Untersuchung:

47-jährige Patientin in gutem AZ und EZ. Sie ist wach, kooperativ mit kohärentem Gedankengang. Das rechte Auge ist i.S. eines Monokelhämatoms verschwollen. Die Lidspalte kann noch geöffnet werden. Der Visus ist erhalten. Keine Angabe von Doppelbildern. Es besteht ein Hyposphagma (Einblutung der Sklera). Der untere Orbitarand ist druckdolent. Die Nervenaustrittsöffnungen sind frei. Eine Okklusion ist möglich. Der Gesichtsschädel ist stabil.

Diagnose:

Zum Ausschluss Orbitafraktur

Es erfolgt zunächst orientierend das Röntgen des Schädels. Hier zeigt sich eine Verschattung des Sinus maxillaris rechts. Ein CT wird angeschlossen.

Das CT zeigt eine dislozierte Fraktur des Orbitabodens mit Einblutung in den Sinus maxillaris.



Orbitabodenfrakturen können durch verschiedene Mechanismen verursacht werden:

1.   Direktes Trauma: Ein direkter Schlag auf die Augenhöhle bei Unfällen, Kämpfen oder Sportverletzungen.

2.       Indirektes Trauma: Es erfolgt die Krafteinwirkung von einem anderen Bereich des Gesichts oder des Schädels auf den Orbitaboden, z.B. ein Sturz auf das Gesicht, bei dem die Energie des Aufpralls auf die Augenhöhle übertragen wird.

3.         Hochenergetisches Trauma: Bei schweren Unfällen mit hoher Aufprallkraft, z.B. Autounfällen oder Stürzen aus großer Höhe. Dabei können auch multiple Frakturen im Bereich des Gesichtsschädels entstehen.

4.           Penetrierendes Trauma: Wenn ein scharfer Gegenstand wie ein Messer oder ein Bruchstück eines Knochens in die Augenhöhle eindringt, kann dies zu einer Orbitabodenfraktur führen.

  

Die Orbitabodenfraktur kann verschiedene Komponenten des Augenhöhlenbodens betreffen, einschließlich des Jochbeins, des Keilbeins und der Siebbeinplatte. Die Behandlung einer Orbitabodenfraktur kann je nach Schweregrad und betroffenen Strukturen variieren. In einigen Fällen kann eine konservative Behandlung mit Überwachung und Schmerzmanagement ausreichen. In anderen Fällen kann eine chirurgische Intervention erforderlich sein, um die Fraktur zu stabilisieren und mögliche Komplikationen wie Sehstörungen oder Doppelbilder zu vermeiden.

Die Symptome einer Orbitabodenfraktur können folgende sein:

1.   Schmerzen um das betroffene Auge. Symptome können bei Bewegung des Auges oder beim Berühren des betroffenen Bereichs zunehmen.

2.   Schwellung und Hämatombildung: Es kann eine Schwellung im Bereich um das Auge herum auftreten. Die Schwellung kann sowohl ober- als auch unterhalb des Auges als Monokelhämaton ("rakoon's eye") sichtbar sein.

3.   Doppelbilder: Sie entstehen durch eine Störung oder Einklemmung der Augenmuskeln mit Angabe von Doppelbildern. Das betroffene Auge kann seine normale Beweglichkeit verlieren oder sich in eine abweichende Position verschieben.

4.   Einschränkung der Augenbewegung: Patienten können Schwierigkeiten haben, ihr betroffenes Auge zu bewegen. Dies kann zu eingeschränkter Sehfähigkeit oder verschwommenem Sehen führen.

5.   Eingesunkene Augen: Bei schwereren Fällen kann das betroffene Auge eine eingesunkene oder abgesenkte Position einnehmen, was als Enophthalmus bezeichnet wird.

6.   Epistaxis: Bei einigen Orbitabodenfrakturen kann es zu Blutungen aus der Nase kommen, insbesondere wenn der Bruch mit einer Verletzung der Nasennebenhöhlen verbunden ist.

Die Diagnose einer Orbitabodenfraktur erfordert in der Regel eine Kombination aus Anamnese, Untersuchung und diagnostischen Verfahren. Dabei kann die CT-Untersuchung als Standardverfahren angesehen werden Die genaue Diagnose und Beurteilung der Fraktur helfen dabei, den Behandlungsplan festzulegen und mögliche Komplikationen zu vermeiden.

1.   Anamnese und körperliche Untersuchung: Der Unfallhergang ist i.d.R. typisch ebenso wie die Symptome und der lokale Untersuchungsbefund.

2.   Bildgebende Verfahren:

·     Röntgenaufnahmen: Standard-Röntgenaufnahmen können erste Hinweise auf eine Fraktur liefern. Sie werden normalerweise in zwei Ebenen (seitlich und frontal) durchgeführt, um eine bessere Darstellung des Frakturmusters zu ermöglichen. Hier ist auf eine Verschattung des Sinus maxillaris zu achten, auf eine Jochbeinfraktur (Henkeltopfaufnahme) oder den "hängenden Tropfen in der AP Ansicht.

·   Computertomographie (CT): Die CT-Untersuchung ist das wichtigste diagnostische Verfahren zur Beurteilung. Sie liefert detaillierte Schnittbilder der Augenhöhle und ermöglicht eine genaue Lokalisation und Ausdehnung der Fraktur. Zusätzlich können begleitende Verletzungen wie Weichteilschäden, Blutungen oder Verletzungen der Augenmuskeln erkannt werden. Luft- oder Flüssigkeitsansammlung weisen auf eine mögliche Verbindung zur Nasennebenhöhle.

·      Magnetresonanztomographie (MRT): In einigen Fällen kann eine MRT-Untersuchung erforderlich sein, insbesondere bei möglichen Weichteilverletzungen oder Nervenschäden.

3.   Augenuntersuchung: Eine gründliche Untersuchung des Auges ist wichtig, um Verletzungen des Sehvermögens oder andere Augenprobleme zu erkennen. Dazu gehören Sehtests, Beurteilung der Augenbewegungen, Spaltlampenuntersuchung, Fundoskopie (Untersuchung des Augenhintergrunds) und gegebenenfalls weitere spezielle Tests.

Einteilung:

Die Orbitabodenfrakturen werden gemäß dem AO-System in drei Hauptgruppen unterteilt:

·     AO-Typ A: Frakturen des Orbitabodens ohne Beteiligung der Augenhöhle (Orbita). Diese Frakturen betreffen den Knochen unterhalb der Augenhöhle, jedoch nicht die Augenhöhlenwände selbst.

·     AO-Typ B: Frakturen des Orbitabodens mit isolierter Beteiligung der Augenhöhle. Hier sind sowohl der Orbitaboden als auch die Wände der Augenhöhle betroffen.

·     AO-Typ C: Frakturen des Orbitabodens mit Beteiligung der Augenhöhle sowie des Gesichtsschädels. Bei diesen Frakturen sind der Orbitaboden, die Augenhöhle und der Gesichtsschädels betroffen.

Therapie

Nicht dislozierte Frakturen können symptomatisch behandelt werden. Diese bestehen in einem Schneuzverbot, abschwellenden Nasentropfe und einer Analgesie.

Indikationen für eine Operation sind Doppelbilder oder Sehstörungen durch eine Beeinträchtigung der Augenfunktion, ausgeprägte kosmetische Veränderungen oder anhaltende Schmerzen.

Bei einer Operation werden die Knochenfragmente reponiert und mit Schrauben oder Platten stabilisiert. Dabei können eingeklemmte Weichteile ebenso wieder befreit und z.B. die Augenmotilität hergestellt werden.

Weitere Maßnahmen: In einigen Fällen kann eine zusätzliche Behandlung erforderlich sein, z. B. um verletzte Muskeln oder Weichteile zu reparieren oder um Blutungen oder Schwellungen zu kontrollieren.