Eine 47-jährige Patientin stellt sich in der Notaufnahme vor. Bei einer Auseinandersetzung mit ihrem Freund habe er ihr einen Stoß mit dem Ellenbogen verpasst und das rechte Auge getroffen. Sie könne zwar noch sehen, habe jedoch eine zunehmende Schwellung um das Auge.
Eigenanamese:
Es werden keine Grunderkrankungen angegeben. Keine
Einnahme von Antikoagulanzien.
Körperliche Untersuchung:
47-jährige Patientin in gutem AZ und EZ. Sie ist wach, kooperativ mit kohärentem Gedankengang. Das rechte Auge ist i.S. eines Monokelhämatoms verschwollen. Die Lidspalte kann noch geöffnet werden. Der Visus ist erhalten. Keine Angabe von Doppelbildern. Es besteht ein Hyposphagma (Einblutung der Sklera). Der untere Orbitarand ist druckdolent. Die Nervenaustrittsöffnungen sind frei. Eine Okklusion ist möglich. Der Gesichtsschädel ist stabil.
Diagnose:
Zum Ausschluss Orbitafraktur
Es erfolgt zunächst orientierend das Röntgen des Schädels. Hier zeigt sich eine Verschattung des Sinus maxillaris rechts. Ein CT wird angeschlossen.
Das CT zeigt eine dislozierte Fraktur des Orbitabodens mit Einblutung in den Sinus maxillaris.
1. Direktes
Trauma: Ein direkter Schlag auf die Augenhöhle bei Unfällen, Kämpfen oder
Sportverletzungen.
2. Indirektes
Trauma: Es erfolgt die Krafteinwirkung von einem anderen Bereich des Gesichts
oder des Schädels auf den Orbitaboden, z.B. ein Sturz auf das Gesicht, bei dem
die Energie des Aufpralls auf die Augenhöhle übertragen wird.
3. Hochenergetisches
Trauma: Bei schweren Unfällen mit hoher Aufprallkraft, z.B. Autounfällen oder
Stürzen aus großer Höhe. Dabei können auch multiple Frakturen im Bereich des
Gesichtsschädels entstehen.
4. Penetrierendes Trauma: Wenn ein scharfer Gegenstand wie ein Messer oder ein Bruchstück eines Knochens in die Augenhöhle eindringt, kann dies zu einer Orbitabodenfraktur führen.
Die Orbitabodenfraktur kann verschiedene Komponenten des
Augenhöhlenbodens betreffen, einschließlich des Jochbeins, des Keilbeins und
der Siebbeinplatte. Die Behandlung einer Orbitabodenfraktur kann je nach
Schweregrad und betroffenen Strukturen variieren. In einigen Fällen kann eine
konservative Behandlung mit Überwachung und Schmerzmanagement ausreichen. In
anderen Fällen kann eine chirurgische Intervention erforderlich sein, um die
Fraktur zu stabilisieren und mögliche Komplikationen wie Sehstörungen oder
Doppelbilder zu vermeiden.
Die Symptome einer Orbitabodenfraktur können folgende sein:
1.
Schmerzen
um das betroffene Auge. Symptome können bei Bewegung des Auges oder beim
Berühren des betroffenen Bereichs zunehmen.
2.
Schwellung
und Hämatombildung: Es kann eine Schwellung im Bereich um das Auge herum
auftreten. Die Schwellung kann sowohl ober- als auch unterhalb des Auges als
Monokelhämaton ("rakoon's eye") sichtbar sein.
3.
Doppelbilder:
Sie entstehen durch eine Störung oder Einklemmung der Augenmuskeln mit Angabe
von Doppelbildern. Das betroffene Auge kann seine normale Beweglichkeit
verlieren oder sich in eine abweichende Position verschieben.
4.
Einschränkung
der Augenbewegung: Patienten können Schwierigkeiten haben, ihr betroffenes Auge
zu bewegen. Dies kann zu eingeschränkter
Sehfähigkeit oder verschwommenem Sehen führen.
5.
Eingesunkene
Augen: Bei schwereren Fällen kann das betroffene Auge eine eingesunkene oder
abgesenkte Position einnehmen, was als Enophthalmus bezeichnet wird.
6.
Epistaxis:
Bei einigen Orbitabodenfrakturen kann es zu Blutungen aus der Nase kommen,
insbesondere wenn der Bruch mit einer Verletzung der Nasennebenhöhlen verbunden
ist.
Die Diagnose
einer Orbitabodenfraktur erfordert in der Regel eine Kombination aus Anamnese,
Untersuchung und diagnostischen Verfahren. Dabei kann die CT-Untersuchung als
Standardverfahren angesehen werden Die genaue Diagnose und Beurteilung der
Fraktur helfen dabei, den Behandlungsplan festzulegen und mögliche
Komplikationen zu vermeiden.
1.
Anamnese
und körperliche Untersuchung: Der Unfallhergang ist i.d.R. typisch ebenso wie
die Symptome und der lokale Untersuchungsbefund.
2.
Bildgebende
Verfahren:
· Röntgenaufnahmen:
Standard-Röntgenaufnahmen können erste Hinweise auf eine Fraktur liefern. Sie
werden normalerweise in zwei Ebenen (seitlich und frontal) durchgeführt, um
eine bessere Darstellung des Frakturmusters zu ermöglichen. Hier ist auf eine
Verschattung des Sinus maxillaris zu achten, auf eine Jochbeinfraktur
(Henkeltopfaufnahme) oder den "hängenden Tropfen in der AP Ansicht.
· Computertomographie
(CT): Die CT-Untersuchung ist das wichtigste diagnostische Verfahren zur
Beurteilung. Sie liefert detaillierte Schnittbilder der Augenhöhle und
ermöglicht eine genaue Lokalisation und Ausdehnung der Fraktur. Zusätzlich
können begleitende Verletzungen wie Weichteilschäden, Blutungen oder
Verletzungen der Augenmuskeln erkannt werden. Luft- oder Flüssigkeitsansammlung
weisen auf eine mögliche Verbindung zur Nasennebenhöhle.
·
Magnetresonanztomographie
(MRT): In einigen Fällen kann eine MRT-Untersuchung erforderlich sein,
insbesondere bei möglichen Weichteilverletzungen oder Nervenschäden.
3.
Augenuntersuchung:
Eine gründliche Untersuchung des Auges ist wichtig, um Verletzungen des
Sehvermögens oder andere Augenprobleme zu erkennen. Dazu gehören Sehtests,
Beurteilung der Augenbewegungen, Spaltlampenuntersuchung, Fundoskopie (Untersuchung
des Augenhintergrunds) und gegebenenfalls weitere spezielle Tests.
Einteilung:
Die Orbitabodenfrakturen werden gemäß dem AO-System in
drei Hauptgruppen unterteilt:
·
AO-Typ
A: Frakturen des Orbitabodens ohne Beteiligung der Augenhöhle (Orbita). Diese
Frakturen betreffen den Knochen unterhalb der Augenhöhle, jedoch nicht die
Augenhöhlenwände selbst.
·
AO-Typ
B: Frakturen des Orbitabodens mit isolierter Beteiligung der Augenhöhle. Hier
sind sowohl der Orbitaboden als auch die Wände der Augenhöhle betroffen.
·
AO-Typ
C: Frakturen des Orbitabodens mit Beteiligung der Augenhöhle sowie des
Gesichtsschädels. Bei diesen Frakturen sind der Orbitaboden, die Augenhöhle und
der Gesichtsschädels betroffen.
Therapie
Nicht dislozierte Frakturen können symptomatisch behandelt
werden. Diese bestehen in einem Schneuzverbot, abschwellenden Nasentropfe und
einer Analgesie.
Indikationen für eine Operation sind Doppelbilder oder
Sehstörungen durch eine Beeinträchtigung der Augenfunktion, ausgeprägte
kosmetische Veränderungen oder anhaltende Schmerzen.
Bei einer Operation werden die Knochenfragmente reponiert
und mit Schrauben oder Platten stabilisiert. Dabei können eingeklemmte
Weichteile ebenso wieder befreit und z.B. die Augenmotilität hergestellt
werden.
Weitere Maßnahmen: In einigen Fällen kann eine
zusätzliche Behandlung erforderlich sein, z. B. um verletzte Muskeln oder
Weichteile zu reparieren oder um Blutungen oder Schwellungen zu kontrollieren.