Therapie:
Der
Patient wird notfallmäßig laparotomiert. Intraoperativ bestätigt sich der
Verdacht. Es ist jedoch auch schon zu einer Blutung gekommen. Das Aneurysma
wird ausgeklemmt und ein langstreckiger aortobifemoraler Bypass eingelegt. Der
Patient überlebt den Eingriff und kann nach 3-tägigem Aufenthalt auf der
Intensivstation auf eine periphere Station verlegt werden.
Diskussion:
Die
Erweiterung der infrarenalen Aorta auf einen Querdurchmesser von mindestens
3,0 cm wird als Aortenaneurysma definiert. Schätzungen zufolge sind etwa
2-4% der Menschen über 65 Jahren von einem Bauchaortenaneurysma betroffen. Die
Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an. Bevorzugt sind Männer über 65
Jahren. Klinisch bedeutsame Aneurysmen mit einem Querdurchmesser von mehr als
5 cm kommen bei 1% der Männer unter 64 Jahren vor. Mit zunehmendem
Alter steigt die Prävalenz auf 2–4% an, vergesellschaftet mit einer erhöhten
Komorbidität.
Die
zugrunde liegenden Ursachen für die Entwicklung eines abdominellen
Aortenaneurysmas (AAA) sind in den meisten Fällen unklar. Aneurysmen, die neben
der infrarenalen Aorta auch an anderen Lokalisationen auftreten, haben oft eine
genetische Ursache und treten familiär gehäuft auf. Daneben gelten Rauchen und
ein Hypertonus als Risikofaktoren.
Die
meisten Bauchaortenaneurysmen bleiben asymptomatisch und werden oft nur
zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt. Werden sie jedoch symptomatisch,
ist die Art der Symptome abhängig von der Größe und Lage des Aneurysmas.
-
Bauch- oder Rückenschmerzen: Ein pulsierender oder konstanter Schmerz im Bauch-
oder Rückenbereich kann auftreten. Dieser Schmerz kann dumpf, krampfartig oder
stechend sein.
-
Pulsationen im Bauchraum: Manche Menschen können einen pulssynchronen Klopfen
oder Pulsationen im Bauch spüren.
-
Tastbare Schwellung: Bei größeren Aneurysmen kann eine Schwellung oder ein
Klopfen im Bauchbereich sichtbar oder spürbar sein.
-
Rückenschmerzen oder Drucksymptome: Nicht selten finden sich Rückenschmerzen
bei Kompression auf umliegende Gewebe oder Alteration des viszeralen
Reflexbogens. Auch Magen-Darm-Probleme können auftreten.
Die
Symptome können alle unspezifisch sein und als „Nebenbefund“ einer
Umgebungsdiagnostik auffallen. Besonders bei Rückenschmerzen im Alter sollte
der Untersucher an diese Differentialdiagnose denken und zumindest einen
Ultraschall ergänzen. Ein Bauchaortenaneurysma kann jedoch auch asymptomatisch
sein und ohne erkennbare Beschwerden fortschreiten. Daher ist eine regelmäßige
ärztliche Untersuchung, insbesondere bei Personen mit einem erhöhten Risiko,
wichtig, um ein Bauchaortenaneurysma frühzeitig zu erkennen.
In
der Phase der Dissektion oder Perforation werden i.d.R. akute Beschwerden
angegeben:
-
Plötzlicher und intensiver Schmerz: Eine Bauchaortendissektion geht oft mit
einem plötzlichen, starken und anhaltenden Schmerz einher. Der Schmerz wird oft
als "zerreißend" oder "reißend" beschrieben und kann im
Bauch- oder Rückenbereich auftreten. Der Schmerz kann sich auch in die Brust
oder in die Beine ausbreiten.
-
Pulsierender Tumor: In einigen Fällen kann eine Dissektion zu einer tastbaren
pulsierenden Masse im Bauch führen. Dies tritt aufgrund der Trennung der
Wandschichten und der Bildung eines falschen Lumens auf.
-
Bewusstseinsveränderungen: In schweren Fällen einer Bauchaortendissektion kann
es zu Bewusstseinsveränderungen kommen, wie zum Beispiel Benommenheit,
Schwindel oder Ohnmacht. Dies kann darauf hinweisen, dass die Durchblutung des
Gehirns beeinträchtigt ist.
-
Akuten Extremitätenischemie: Eine Dissektion kann zur Beeinträchtigung der
Durchblutung in den Beinen führen, was mit plötzlicher Beinschwäche, Taubheit,
Kältegefühl oder Blässe einhergehen kann.
-
Blutdruckunterschiede zwischen den Armen: Eine Dissektion kann zu Unterschieden
im Blutdruck zwischen den Armen führen. Dies kann bei der Untersuchung durch
den Arzt festgestellt werden.
Aneurysmen
entwickeln sich in der Regel langsam von kleinen zu rupturgefährdeten
Aneurysmen. Sie bleiben in über 80% der Fälle klinisch symptomfrei, bis eine
vital bedrohliche Ruptur auftritt. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist
es eine Zufallsdiagnose bei Routineuntersuchungen. Daher ist das Screening nach
einem Aortenaneurysma bei älteren Menschen und Patienten mit kardiovaskulären
Risikofaktoren indiziert.
Die
Diagnose wird in der Regel sonographisch gestellt. Zur Therapieplanung ist
jedoch eine zusätzliche Bildgebung mittels Computertomographie (CT) oder
Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig. Die Computertomographie-Angiographie
(CTA) der Aorta gilt derzeit als diagnostisches Standardverfahren zur
präoperativen Evaluation und Planung der endovaskulären Versorgung abdomineller
Aortenaneurysmen („endovascular aortic repair“,
EVAR). Dabei liefert die CTA alle relevanten anatomischen und morphologischen
Informationen über die zugrundeliegende Pathologie der Aorta und der
Beckenachsen.
Ab
einem Durchmesser von 5–5,5 cm sollte eine operative oder endovaskuläre
Behandlung erfolgen. Welche Therapie im Einzelfall eingesetzt wird, hängt in
erster Linie von der Co-Morbidität des Patienten und der anatomischen Struktur
des Aneurysmas anhand der CT/MRT-Morphologie ab[i].
Die
klassische operative Therapie besteht in der offen chirurgischen Ausschaltung
des Aneurysmas durch Implantation einer Rohr- oder Bifurkationsprothese. In den
vergangenen Jahren wurde bei ausgewählten Patienten mit einem abdominalen
Aortenaneurysma und geeigneter Aortenkonfiguration zunehmend die endovaskuläre
Therapie durch Implantation eines aortobiiliakalen oder monoiliakalen
Stentgrafts eingesetzt. Die endovaskuläre Therapie rupturierter abdominaler
Aneurysmen ermöglicht bei sorgfältiger Patientenauswahl und detaillierter
präoperativer Planung minimalinvasive Therapieoptionen auch bei Patienten mit
schwerer Begleitmorbidität, obwohl die bisherigen Mitteilungen noch keine
abschließende Beurteilung zulassen und Langzeitverläufe noch fehlen.
Das
rupturierte abdominale Aortenaneurysma (rAAA) stellt einen Blutungsnotfall mit
hämorrhagischem Schock und hoher perioperativer Letalität dar. Die präklinische
Beurteilung erfordert eine rasche differenzialdiagnostische Abklärung,
zielführende Diagnostik und eine sofortige Behandlung in spezialisierten
Zentren. Die perioperative Therapie besteht in der Behandlung des
Mehrorganversagens nach hämorrhagischem Schock und Ischämie-Reperfusions-Syndrom
durch Volumensubstitution, optimierter Gerinnungstherapie, der
Aufrechterhaltung der Normothermie und der Beachtung einer möglichen
intestinalen Ischämie und des abdominalen Kompartmentsyndroms.
Die
Prognose des rupturierten AAA ist mit einer Krankenhausletalität von 55% extrem
schlecht. Die Gesamtletalität liegt bei >80%, da nur ein Teil der Patienten
das Krankenhaus lebend erreicht[ii].
Insgesamt
hat jedoch die Krankenhausletalität von 42,7 % im Jahr 1999 auf 33,3 % im Jahr
2010 abgenommen. Im gleichen Zeitraum zeigte sich ein signifikanter Anstieg der
Zahl der endovaskulären Behandlungen.
Der Anteil der über 80-jährigen Patienten hat – unabhängig von der
Behandlungsmethode – deutlich zugenommen.
Im
Vergleich der Verfahren zeigte die endoluminäre Versorgung (EVAR) insgesamt
eine Letalitätsrate von 22,8 %, verglichen mit 41,2 % beim offenen Verfahren
(OR). Dieser scheinbare Vorteil für EVAR konnte in allen Altersgruppen gezeigt
werden und mag an dem sorgfältig selektierten Krankengut zu liegen. Beim OR
wurden in 74,4 % der Fälle Komplikationen beobachtet, bei der EVAR in 55,5 %.
Die multivariate Analyse der Komplikationen im Gesamtkollektiv ergab bei allen
ausgewerteten Komplikationen, mit Ausnahme von Wundinfekten und Nachblutungen,
einen Vorteil für EVAR[iii].
Pfeiffer
(2000) berichtet den Einfluss des Krankengutes auf das Auskommen. Demnach
beträgt die Letalität bei elektiven Operationen 1,54 %, bei dringlichen
Operationen 8,65 % und bei Notfällen mit perforiertem AAA (unverzügliche
Operation nach Aufnahme in die Klinik) 35,6 %. Die Morbidität lag bei elektiven
Eingriffen bei 15,9 %, bei dringlichen Operationen bei 28,8 % und bei
Notfalloperationen mit perforiertem AAA bei 66,7 %. Für Patienten mit
zusätzlichen Eingriffen an Nieren-, Becken- und Beinarterien sowie
Kombinationseingriffen in anderen Operationsgebieten war die Letalität im
Vergleich zum Durchschnitt nicht erhöht.[iv]