Translate this page

Montag, 12. Januar 2015

Vorderer Knieschmerz: Arthroskopie hilft nur selten



Der vordere Knieschmerz ist ein hartnäckiges Symptom, das Therapeuten und Patienten oft verzweifeln lässt. Eine Operation wird oft als letzter Ausweg angesehen. Deren Erfolg ist jedoch selten dauerhaft.

Der vordere Knieschmerz hat viele Synonyme, wie z.B. Chondromalazia patellae, Patella malalignment oder Patellofemorales Schmerzsyndrom. Es tritt bei 25% der Sportler[1] auf undbetrifft die Rückfläche der Kniescheibe und wird mit einem Knorpelschaden assoziiert oder als Präarthrose angesehen. Knorpel ist jedoch nicht neuronal versorgt und oberflächliche Knorpelschäden nicht schmerzhaft. Erst Defekte, die bis auf die subchondrale Zone reichen, wirken sich schmerzhaft aus.

Sie sind Folge einer De-Zentrierung im patellofemoralen Lager. Die Patella unterliegt bei der Bewegung des Kniegelenkes einem komplexen Zusammenspiel aktiver muskulärer und passiver ligamentärer Kräfte zwischen Becken und Sprunggelenk. So stehen die Zugkräfte des medialen und der lateralen Anteils des M.quadriceps in einem ausgewogenen Verhältnis. Bei Patienten mit vorderem Knieschmerz liegt häufig eine Schwächung oder mehr tonische Innervierung des medialen Vastus vor. Daraus resultiert eine Verkippung und Mehrbelastung der lateralen Facette.

Die körperliche Untersuchung muss die statischen und dynamischen Aspekte berücksichtigen. Bei Inspektion kann eine Atrophie des Vastus medialis auffallen. Ist die Patella weit lateralisierbar, kann dies zudem Hinweis für eine Insuffizienz des medialen Retinakulums sein, z.B. nach früherer Patellaluxation. Auf ein Genu recurvatum sollte geachtet werden. Hieraus resultiert oft ein muskuläres Überwiegen der Hamstrings mit einer vermehrten Kniebeugung und einer Hyperkompression der Patella. Dies kann sich sogar auf das Sprunggelenk mit einer kompensatorischen Überpronation übertragen.

An der Hüfte führt eine Insuffizienz der Abduktoren und Außenrotatoren zu einem Gangbild mit innenrotiertem Fuß. Es resultiert eine Mehrbelastung des Tractus ileotibialis, der durch vermehrten Zug bei Beugung die Patella nach lateral verkippt.

Schließlich durchlaufen Sprunggelenk und Tibia beim Laufen einen Prozess der Pro- und Supination im Sprunggelenk und eine begleitende Rotation der Tibia. Ist dieser Ablauf behindert, verbleibt die Tibia in einer verlängerten Außenrotation. Der Femur muss nun kompensatorisch innenrotieren und zwingt zu einer Lateralisation der Patella.

Bei der Bildgebung helfen das native Röntgen mit Patella Tangentialaufnahmen oder ein CT. Damit können Beinachsdeformitäten, Patellaanomalien und –position ausgemessen werden. Dazu wird der Q-Winkel, die Kongruenz im patellofemoralen Gelenk, die Position und die Höhe der Patella bestimmt.

Auch sollte ein EMG bei muskulärer Genese erwogen werden. Eine Pedografie kann Störungen im Gangbild aufdecken.

 



Lateralisierte und „verkippte“ Patella im Röntgen und MRT, rechts Dysplasie
   
 
Bevor chirurgisch interveniert wird, muss der Patient intensiv physiotherapeutisch behandelt werden. Muskuläre Dysbalancen sollten ausgeglichen werden. Dazu kann ein Oberflächen-EMG helfen, dem Patienten über ein Bio-Feedback gezielt Muskeln anzusprechen. Ein zusätzliches Tapen der Patella kann das Bemühen unterstützen, die Patella korrekt zu zentrieren, bis der Vastus medialis dies übernehmen kann[2]. Eine Überpronation im Sprunggelenk sollte korrigiert werden[3].

Die Arthroskopie des Kniegelenkes wird als minimal-invasive Diagnostik zur weiteren Evaluierung mit der gleichzeitigen Chance der Therapie angesehen. Es finden sich unterschiedliche typische Befunde. An der lateralen Facette fallen gehäuft blasige Knorpelabhebungen bei intakter Oberfläche auf. An der medialen Seite dagegen sieht man öfter tiefe Defekte i.S. einer Arthrose. Die Möglichkeiten einer kausalen Therapie sind gering.

Kettunen von der ORTON Universität Helsinki[4] konnte in einer randomisierten Studie nachweisen, dass arthroskopierte Patienten nicht von ihrem Eingriff profitierten. Gegenüber konservativ geführten Patienten kam es zu keiner Verbesserung ihrer Beschwerden nach 9 Monaten. Dem gegenüber standen die ökonomischen Aspekte der Krankenhauskosten und einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 8 Tagen.

Viel versprechender dagegen sind Weichteileingriffe, die das Re-Aligment der Patella anstreben[5]. Natürlich können diese arthroskopisch assistiert durchgeführt werden, um das intraoperative Ergebnis zu kontrollieren. Es stehen eine Vielzahl an Weichteileingriffen bis hin zur Tuberositastansposition zur Verfügung. Allerdings muss bei der Komplexizität des Krankheitsbildes für ein erfolgreiches Ergebnis die Indikation stimmen.


Keywords:  vordere knieschmerz, chondropathia patella, patellaschmerzen, knieschmerz, Arthroskopie, Kniearthroskopie, arthroscoy of the knee, knee pain, Dr Pietsch, notfallambulanz

Freitag, 2. Januar 2015

Sport mit Endoprothesen?



Sport nach Endoprothese: Was macht der Patient daraus?

Jährlich werden allein in der BRD ca. 300.000 Endoprothesen implantiert. Der größte Anteil entfällt auf Hüftendoprothesen, gefolgt von Knieendoprothesen und Endoprothesen an Schulter, Sprunggelenk und Wirbelsäule. 

Mit einer erhöhten Lebenswahrscheinlichkeit ist auch der Anspruch des Patienten an die OP gestiegen. Neben der Schmerzreduktion wird auch eine verbesserte Lebensqualität erreicht, die es dem Patienten ermöglicht, auch wieder Sport zu treiben. Mittlerweile sind die Empfehlungen zur Sportfähigkeit in Leitlinien verankert. Belastungen nach Endoprothesen wird sogar gewünscht, da sie über eine Verbesserung der Knochenqualität im Prothesenlager und der muskulären Gelenkstabilisierung einen positiven Einfluss auf das Knochenlager nimmt. Dennoch beruhen die Empfehlungen zur Sportfähigkeit derzeit eher auf persönlichen Erfahrungen als auf Evidenz basierten Studien. EBM Aussagen bestehen derzeit nur für Golf, Ski und Tennis. 

Vergleicht man Studien zur Sportfähigkeit nach einer Operation, so fällt der hohe Anteil von Patienten nach Hüft-TEP auf. Fast 83% der Daten fallen bei Patienten nach Hüft-TEP an, nur 14% bei Knie-TEP und 3% bei Schulter-TEP. Bei den allgemeinen Vergleichen fällt auf, dass sich Patienten nach einer TEP tendenziell für sogenannte Low-impact Sportarten entscheiden. Dies wird dadurch deutlich, dass die Vielzahl der präoperativen Sportarten abnimmt und Sportarten mit moderater Belastung häufiger genannt werden. Am beliebtesten erscheinen Radfahren, Wandern, Schwimmen und Gymnastik. 

Bei den Patienten mit einer Hüftendoprothese kommt es nach einer Operation zu einer Zunahme der sportlichen Aktivität. Auch hier werden Low-impact Sportarten bevorzugt angegeben, was sicherlich den ärztlichen Empfehlungen entspricht.

Erfreulicherweise finden sich keine Unterschiede bei Teil- und Totalendoprothesen am Kniegelenk. Die sportliche Aktivität nach einer Knieoperation stieg bei 70% der Patienten. Bevorzugt werden empfohlene Sportarten wie Wandern, Schwimmen, Gymnastik oder Radfahren. Es gibt vor allem Aussteiger aus den gewohnten Sportarten, z.B. Laufen, Tanzen, Kontaktsportarten, Ski oder Joggen, die in moderatere Bewegungsformen finden. Patienten, die ihre gewohnte Sportart jedoch weiterführen, verzeichnen i.d.R. einen Aktivitätszuwachs.

Erstaunliche Ergebnisse finden sich bei Schulterendoprothesen. Bei Schultersportarten wie Tennis, Squash oder Golf finden mehr als 70% der Operierten wieder in ihren Sport zurück. Grund für das gute Abschneiden liegt darin begründet, dass 64% der Patienten präoperativ den Wunsch geäußert hatten, die OP zur Erlangung ihrer Sportfähigkeit durchführen zu lassen.

Es leiten sich daraus Empfehlungen ab, Bewegungen mit hohen Rotationsmomenten und Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko zu vermeiden. Grundsätzlich sind die Empfehlungen in ständigem Fluss. Dem Patienten muss keine neu zu erlernende Sportart empfohlen werden. Vielmehr sollte er seinen Bewegungsablauf der jeweiligen Endoprothese und Sportart anpassen Golfspieler sollten daher ihren Schwung verkürzen, Spikes vermeiden und lieber den Caddy nutzen als das schwere Bag zu ziehen. Der Skifahrer sollte auf gute Wetterbedingungen achten, große Schwünge und flache Pisten vorziehen. Dies hilft, mechanische Belastungen zu minimieren und Luxationen zu vermeiden. 

Voraussetzungen an die Endoprothese sind eine stabile Verankerung und eine stabile muskuläre und ligamentäre Führung. Die Bewegungsabläufe sollten sicher sein und die Implantation länger als 6 Monate zurück liegen. Ein Sportverbot dagegen wird bei Infekt und die Stabilität ausgesprochen. Eine relative Kontraindikation besteht bei einem BMI>30 gesehen. Eine Revisionsendoprothese galt lange als absolute Kontraindikation, muss nun jedoch mit verbesserten Implantaten und OP-Techniken im Einzelfall erwogen werden.

Welche Sportarten sind geeignet?

Geeignet
Eingeschränkt geeignet
Nicht geeignet
Wandern
Aerobics(Sprünge)
Basketball
Walking / Nordic Walking
Alpiner Skilauf
Eisschnellauf
Radfahren (Cave! Sattelhöhe)
Kegeln / Bowling
Fussball
Individuelle Gymnastik
Krafttraining (Geräte)
Geräteturnen
Rudern / Paddeln
Laufsport
Squash
Tanzen
Reiten
Leichtathletik
Gymnastik
Tennis
Viele Ballsportarten
Schwimmen (Kraulbeinschlag)
Schießen
Tischtennis
Skilanglauf
Eislaufen
Hockey


Keywords: Sport mit Endoprothesen, hüftprothese und Sport, Knieprothese und Sport,
Dr Pietsch, Notfallambulanz, notfallambulanz.blogspot.com